Gemeinsam handeln, das Gute tun: Einige Vorbilder für das neue Jahr

Was haben ein Gasthof in Wien Favoriten, die Tanzschule Elmayer und ein Markt in Oberösterreich gemeinsam? Sie glauben an das Gute.

Der Saal im Favoritner Wirtshaus war gesteckt voll. Alle haben sich festlich gekleidet, der Bub aus der Jugendgruppe ist mit Anzug und Mascherl erschienen. Urkunden für zehn- und zwanzigjährige freiwillige Mitarbeit werden verteilt, keine Orden und goldenen Ehrenzeichen.

Die Weihnachtsfeier des Samariterbundes Favoriten findet fernab der Schickeria statt. Es gibt Schnitzel und Schweinsbraten und keine Wachteleier. Keine Society-Reporterin ist da, und Designergeschenke fehlen. Selbst gemachte Weihnachtskekse und ein Packerl mit einer Notfalldecke sind das Dankeschön für jene Freiwilligen, die Prüfungen zur sachgerechten Anwendung eines Defibrillators abgelegt haben und wissen, wie man eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchführt.

An einem Tisch ist das Besuchshundeteam. Jüngere Menschen, aber auch Pensionistinnen und Pensionisten mit speziell ausgebildeten Hunden. Sie gehen in Seniorenwohnheime und besuchen Hilfsbedürftige. Einmal war meine Frau Augenzeugin. „Wenn man sieht, wie sich ein Bettlägriger freut, wenn ein Hund die Pfote aufs Bett legt und er ihn streicheln kann, kommen einem die Tränen“, erzählte sie mir.

Die Menschen im Favoritner Gasthaus bekommen für ihre freiwillige Arbeit nichts bezahlt. Eine Verkäuferin, die mit ihrem Golden Retriever Altersheime und Schulklassen besucht, erzählt: „Mein Lohn sind die strahlenden Augen.“ Es ist spät geworden in Favoriten. Die Helferinnen und Helfer sind eine große Familie.

Eine Familie anderer Art gibt es auch in der Inneren Stadt in Wien. Alljährlich lädt Thomas Schäfer-Elmayer zur Benefizquadrille. Er benützt seine Prominenz und seinen guten Ruf, um Spenden zu sammeln. So wie beim traditionellen Elmayer-Kränzchen geht der Reinerlös an das Wiener Hilfswerk. Dort arbeiten Hunderte Menschen freiwillig und unbezahlt mit.

Die Paare, die sich um Tour de Main, Chaîne anglaise, Promenade und Balancé bemühen, haben bezahlt und gespendet, damit anderen geholfen wird. Kein „Seitenblicke“-Team ist da, aber darauf kommt es nicht an. Die Besucherinnen und Besucher wollen kein Blitzlicht, keine Sensation. Sie sind der Einladung eines Anständigen gefolgt, um Anständigen zu helfen. Sie lachen und tanzen, aber sie glauben auch, dass man das Gute unterstützen soll.

In meiner oberösterreichischen Heimatgemeinde helfen Dutzende Freiwillige Asylsuchenden. Sie geben Sprachunterricht, unterstützen bei Behördenwegen und vermitteln gemeinnützige Arbeiten. Das Landesstudio Oberösterreich hat ihnen einen schönen Bericht gewidmet. Er war kein Quotenhit wie die Lugner-Scheidung, aber die Sendung hat andere Gemeinden zur Nachahmung angeregt.

Geld erhalten die freiwilligen Helfer keines, aber ihre Belohnung ist anderer Art. Im Präsidentschaftswahlkampf haben sie fremdenfeindliche Reaktionen befürchtet. Die sind ausgeblieben. Das freut den tapferen Bürgermeister, den freundlichen Pfarrer und die vielen Helferinnen und Helfer.

Apropos Staatsoberhaupt: Wäre es nicht eine Idee, seine Amtsgeschäfte zu erweitern? Wenn schon die Vertretung der Republik weitgehend Sache der Regierung und die Abwägung seiner Kompetenzen gegenüber jenen des Parlaments eher etwas für Verfassungsjuristen ist – könnte er nicht zum Beispiel die Arbeit jener in den Mittelpunkt rücken, die sich tagtäglich um andere kümmern, ohne die Hand aufzuhalten? Die wirklich helfen und nicht auf Society-Berichte schielen.

Die Welt mutet uns derzeit viele Grausamkeiten zu. Dennoch darf sich unser Leben, so verständlich das auch sein mag, nicht in Wut, Angst und Hass erschöpfen. Es gibt viele, die für das Wahre, Gute und Schöne arbeiten. Wenn man sie sucht, wird man sie finden.

Ich wünsche Ihnen einen guten Jahreswechsel und die Kraft, das neue Jahr in Vertrauen und Liebe zu leben.

Zum Autor

Kurt Scholz war von 1992 bis 2001 Wiener Stadtschulratspräsident, danach bis 2008 Restitutionsbeauftragter der Stadt Wien. Seit
Anfang 2011 ist er Vorsitzender des Österreichischen Zukunftsfonds.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2016)

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