Nobelpreis für Obama: "Überrascht und zutiefst demütig"

U.S. President Obama comments on winning 2009 Nobel Peace Prize while delivering a statement in Rose
U.S. President Obama comments on winning 2009 Nobel Peace Prize while delivering a statement in Rose (c) REUTERS (Jason Reed)
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Der Friedensnobelpreis geht überraschend an US-Präsident Barack Obama. Er habe "ein neues internationales Klima geschaffen", heißt es in der Begründung. Obama selbst reagiert bescheiden.

Schon vor Ende seines ersten Amtsjahres erhält US-Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis. Das norwegische Nobelkomitee unter Vorsitz des Parlamentspräsidenten und künftigen Europarats-Generalsekretärs Thorbjörn Jagland würdigte am Freitag in Oslo Obamas "außergewöhnliche Bemühungen um eine Stärkung der internationalen Diplomatie und um Zusammenarbeit zwischen den Völkern".

Der US-Präsident reagiert mit demonstrativer Bescheidenheit auf die Zuerkennung des Friedensnobelpreises 2009. "Ich bin überrascht und zutiefst demütig", sagte er im Rosengarten des Weißen Hauses. Wenn er ehrlich sein soll, habe er den Preis nicht verdient, erklärte der Präsident. Er betrachte den Preis nicht als eine Bestätigung für Erreichtes, sondern als eine Herausforderung.

"Neues Klima" geschaffen

In der Erklärung des Komitees hieß es weiter, der US-Präsident habe seit seinem Amtsantritt im Jänner ein "neues Klima" in der internationalen Politik geschaffen. "Multilaterale Diplomatie steht wieder im Mittelpunkt (...), Dialog und Verhandlungen sind hier die bevorzugten Mittel, um auch die schwierigsten internationalen Konflikte zu lösen."

>> Die Begründung im Wortlaut

Selten zuvor habe eine Persönlichkeit so sehr die Hoffnung auf eine bessere Zukunft vermittelt und die Aufmerksamkeit der Welt in Bann gezogen, erklärte das Nobelkomitee, dessen fünf Mitglieder vom norwegischen Parlament gewählt wurden. "Seine Diplomatie beruht auf dem Konzept, dass diejenigen, die die Welt führen, dies auf der Grundlage von Werten und Haltungen tun müssen, welche von der Mehrheit der Weltbevölkerung geteilt werden." Obamas Vision von einer atomwaffenfreien Welt habe auf kraftvolle Weise Verhandlungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle neu belebt.

Der Friedensnobelpreis

Alfred Nobel, der schwedische Erfinder des Dynamits, beauftragte das norwegische Parlament, jährlich bis zu drei Menschen oder Organisationen für deren Verdienste um die Menschheit auszuzeichnen.

Die Preisträger sollen "den besten oder größten Einsatz für Brüderlichkeit zwischen Staaten, für die Abschaffung oder Abrüstung von stehenden Heeren sowie für die Organisation und Förderung von Friedenskonferenzen" gezeigt haben.

Seit 1960 wird auch der Einsatz für Menschenrechte, seit 2004 zudem für Umwelt, mit dem Friedensnobelpreis geehrt.
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Der seit 1901 verliehene Preis ist mit umgerechnet knapp einer Million Euro dotiert und wird am 10. Dezember in Anwesenheit des norwegischen Königs in Oslo überreicht. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an den finnischen Ex-Präsidenten Martti Ahtisaari, der für seine Vermittlung in mehreren internationalen Konflikten im Auftrag der Vereinten Nationen geehrt wurde.

Komitee verteidigt Entscheidung

Das Osloer Komitee zitierte in der Begründung seiner Entscheidung den US-Präsidenten mit dessen eigenem Ausspruch. "Jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle unseren Teil der Verantwortung für eine globale Antwort auf globale Herausforderungen übernehmen", hatte Obama im September bei seinem ersten Auftritt vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen gesagt und bekannt: "Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, müssen wir zugeben, dass wir dieser Verantwortung nicht nachgekommen sind."



"Wenn man die Geschichte des Nobelpreises betrachtet, dann haben wir bei vielen Gelegenheiten versucht, das zu stärken und zu fördern, was bestimmte Persönlichkeiten gerade durchzuführen versuchten", sagte Jagland. "Zum Beispiel, als (der deutsche Kanzler) Willy Brandt den Preis 1971 bekam, hatte seine Ostpolitik in Europa begonnen, die so wichtig war für das, was dann viele Jahre später geschehen ist. Oder die Vergabe 1990 an (den sowjetischen Präsidenten) Michail Gorbatschow, der die Welt komplett verändert hat."

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Auf die Frage, ob das Nobelkomitee nicht eine "gewagte Entscheidung" getroffen habe, sagte Jagland: "Alles, was in der Welt seit Obamas Amtsantritt geschehen ist, und wie das internationale Klima sich geändert hat, ist mehr als genug, um zu sagen, dass er das erfüllt, was in Alfred Nobels Testament steht. Nämlich, dass der Preis an denjenigen gehen soll, der im vorausgegangenen Jahr am meisten für internationale Verbrüderung und Abrüstung sowie die Förderung von Kooperation und Dialog getan hat."



In Washington löste die überraschende Nachricht aus Oslo zunächst Staunen und Sprachlosigkeit aus. Offiziell gab das Weiße Haus zwei Stunden nach der Bekanntgabe noch keine Stellungnahme ab. Wie der TV-Sender CBS berichtete, habe sich Regierungssprecher Robert Gibbs mit einer E-Mail an den Sender gewandt, die lediglich aus einem einzigen Wort besteht: "WOW". Der TV-Sender CNN meinte: "Und dabei stand Obama nicht einmal auf der Favoritenliste" (mehr ...).

(APA)

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