Skispringen: Vier Bewerbe, ein Mythos – eine Tendenz

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Am Slowenen Domen Prevc führt bei der Suche nach Tourneefavoriten kein Weg vorbei, aber auch Tande, Stoch, Kraft oder Hayböck sind Anwärter auf den Gesamtsieg. Der Auftakt in Oberstdorf ist, wie immer, richtungsweisend.

Oberstdorf. Selbst im grünen Allgäu herrscht nach den Feiertagen Ruhe und Einhalt. Oberstdorf, Kurortperle und Ausgangspunkt der 65. Vierschanzentournee, hat sich einmal mehr für das Sportfest geschmückt. Man ist bereit für den Auftakt am Freitag (16.45 Uhr, live auf ORF eins), es ist angerichtet am Schanzentisch.

Die Veranstaltung ist ausverkauft, 25.000 Tickets waren wie im Flug abgesetzt – zuletzt in dieser Form wie in den Hochzeiten von Martin Schmitt und Sven Hannawald, die nun für Eurosport kommentieren und ihr Tourneecomeback feiern. Offen ist einzig noch das Rennen in der Kür der Favoriten auf den Tourneesieg.

1 Domen Prevc: Vier Saisonsiege, 17 Jahre jung – der Senkrechtstarter

Am Slowenen Domen Prevc scheiden sich die Geister. Springt der 17-jährige Teenager zu extrem, ist seine Version des Kasai-Stils (Kopf zwischen den Skispitzen) gefährlich – der Erfolg aber gibt dem Bruder von Vorjahressieger Peter Prevc recht. Er gewann vier Saisonspringen, ist Weltcupleader – und der klare Anwärter auf den Tourneesieg. Es wird eine Nervenfrage, damit die Belastung rundum nicht zu groß wird, „erspart“ ihm der Verband Interviews, er erhielt einen „Maulkorb“. Per Aussendung ließ er mitteilen: „Für mich sind alle Schanzen gleich. Ich reise entspannt an. Für mich bedeutet die Vierschanzentournee nur, dass vier Wettkämpfe stattfinden.“

2 Ein Norweger: Daniel-André Tande ist Alexander Stöckls Trumpf

Man kann die Tournee gewinnen, braucht dazu aber keinen einzigen Tagessieg – die Summe aller Punkte in Oberstdorf, Garmisch (1. Jänner, 14 Uhr), Innsbruck (4. Jänner) und Bischofshofen (6. Jänner) zählt. Das Beispiel schlechthin lieferte der fünfmalige Rekordsieger Janne Ahonen (FIN), der 1999 ohne Tagessieg triumphiert hat – dieser Flugroute will nun Daniel-André Tande folgen. Zumindest lassen seine bisherigen Weltcupresultate darauf schließen: kein Saisonsieg, aber dreimal Zweiter, zweimal Vierter. Ein geflügelter Spruch: Man kann die Tournee in Oberstdorf nicht gewinnen, aber schon verloren haben – hat Tande Aufwind, ist er bis zum Dreikönigstag vorn dabei. Für nötigen Abstand und Besonnenheit sorgt sein Trainer, der Tiroler Alexander Stöckl.

3 Rückkehr der Polen: Kamil Stoch auf den Spuren von Adam Małysz

Skispringen in Polen ist längst nicht mehr nur Adam Małysz, der 2001 die Tournee gewinnen konnte. Spätestens seit den Winterspielen in Sotschi 2014 trägt auch Doppelolympiasieger Kamil Stoch die Hoffnungen. Ein Saisonsieg, aufsteigende Form und „die neue Motivation“, die Trainer Stefan Horngacher geweckt hat, bescheren Stoch eine gute Startposition. Małysz ist nun Sportdirektor, Stoch wird in den kommenden Tagen die Ruhe im Schattenkegel seiner Strahlkraft zu schätzen wissen.

4Stefan Kraft: Auf den Schwingen des Adlers mit dem rosa Helm

2015 war Stefan Kraft im Fahnenmeer von Bischofshofen gelandet und wurde als Tourneesieger gefeiert; auch für den siebenten ÖSV-Sieg in Serie. Seit Saisonstart in Kuusamo konstant, ruhig im Flug, manch wackelige Landung – der 23-Jährige ist sieglos, drei dritte Plätze geben Anlass zur Hoffnung.

5„Insidertipp“: Michael Hayböck – ein Winner aus Oberösterreich

Der Oberösterreicher ist in Topform, der Sieg in Engelberg zeigt, dass der 25-Jährige trotz mancher Bedenken ein Winnertyp sein kann. 2015 war er Tourneezweiter – hinter seinem Zimmerkollegen Kraft. Im WM-Winter 2017 (Lahti im Februar) trauen ihm unbefangene Experten den finalen Leistungsnachweis zu. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2016)

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