Er war unser Dorfschulmeister: Telemax ist tot

Vorbild aller Kolumnisten: Robert Löffler (1931 bis 2016).
Vorbild aller Kolumnisten: Robert Löffler (1931 bis 2016).(c) „Kronen Zeitung“
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Ein großer Sprachkünstler im kleinen Format: Robert Löffler, jahrzehntelang Kolumnist der „Kronen Zeitung“, ist nach einem Schlaganfall 85-jährig gestorben. Die Erinnerung an seine Kästchen bleibt.

Wer die „Kronen Zeitung“ von hinten aufzuschlagen pflegte – und wer unter uns tat das nicht? –, der suchte ihn, den Telemax, und den Flecken Papier, den dieser, wie er selbst ohne falsche Bescheidenheit schrieb, „durch anmutige Schreibekunst in ein schmuckes Kästchen verwandelte“. Eines Tages, es ist kaum zwei Monate her, war dieses Kästchen verschwunden, und wir ahnten schon Schlimmes. Nun wissen wir das Schlimme: Robert Löffler ist nach einem Schlaganfall in der Nacht auf Dienstag gestorben.

Er war ein Meister des Kleinen, des Feinen, und der Beständigkeit: 45 Jahre lang schrieb er seine Kolumne. Als er sie begann, beim längst verblichenen „Bild-Telegrafen“, war das Fernsehen ein neues, modernes Medium und „Telemax“ (von ihm später zu „Tmx“ abstrahiert) ein keckes Pseudonym. Er nahm es, er nahm die Kolumne und machte etwas ganz Eigenes daraus: einen Ort der Nachdenklichkeit, der Betrachtungen, die vom Fernsehen ausgingen, aber nicht dort blieben. Die eher dort ihre geistige Heimat hatten, wo Löfflers Vater, Großvater und Urgroßvater wirkten: an Dorfschulen. Er selbst hatte etwas von einem Lehrer an sich, und damit auch etwas von einem Gärtner, er pflegte und goss seine Geschichten, bis sie in Pointen blühten: Als „Le Fleur“ wollte er seinen Namen manchmal gelesen wissen, und es war eine große Freude, als er einmal für uns (für die von André Heller kuratierte Jubiläumsausgabe der „Presse am Sonntag“) ein Feuilleton über die Sprache der Blumen schrieb. Noch stolzer war unsereiner, wenn er in der verehrten Kolumne einmal Erwähnung fand.

Ja, Löffler vulgo Telemax war das Vorbild aller Kolumnisten, sie mussten es ihm nicht sagen, er wusste es. So wie er wusste, dass in jeder, selbst der räudigsten Taube etwas Heiliges steckt, denn es könnte ja gerade sie den Heiligen Geist verkörpern. So wie er wusste, dass das Derbe und das Subtile oft ganz nahe beinander wohnen, das hat er uns oft in seiner alljährlichen Sommerakademie gezeigt.

Er wusste auch, dass man nicht alle Geheimnisse lüften muss, über ein dunkles Bilderrätsel (mit einer roten Rose auf einem weißen See) hat er, der, ganz Pädagoge, die Wiederholung schätzte, uns immer wieder grübeln lassen. Er werde es nicht auflösen, hat er versprochen, er hat sein Versprechen gehalten.

Wie kann man ihn, der viel zu wenig geehrt wurde (nur wenige Bändchen mit seinen Kolumnen sind erschienen, und die sind längst vergriffen), posthum ehren? Eine „eventuell ins Auge gefasste ,Tmx-Ringstraße‘“ wolle er nicht, schrieb er einmal, eher entspräche ihm „ein ganz schmales und krummes Gässchen, mit niedrigen Türchen, mit steilen Treppen und feilen Hürchen, mit Schatten und schiefen Fensterluken“. So zitierte er Ringelnatz, bevor er es kürzer fasste: „Er meinte ein Tmx-Wegerl zum kleinen verborgenen Glück.“

Wer ein solches Gässchen weiß, soll jetzt ein Schild malen. Telemax ist tot.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2016)

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