Berlin: Polizei greift rasch durch und räumt

In deutschen Städten gibt es nur noch vereinzelt – friedlich – besetzte Häuser.

Berlin. Die Zeit der Hausbesetzungen, deren Kernpunkt Berlin in den 80er- und frühen 90er-Jahren war, ist in der deutschen Hauptstadt längst vorbei. „Es gibt kein einziges besetztes Haus“, heißt es in der zuständigen Senatsverwaltung für Inneres; gelegentliche Versuche, Gebäude zu besetzen, würden von der Polizei sofort unterbunden.

Bereits Mitte der 90er-Jahre seien besetzte Häuser geräumt worden, in vielen Fällen kam es auch zu gütlichen Einigungen zwischen Besetzern und Besitzern, sodass mittlerweile geregelte Mietverhältnisse bestehen.

Immer wieder erfolgen in Berlin kurzfristige Hausbesetzungen im Rahmen politischer Demonstrationen der linksextremen Szene, die sich gegen die „unsoziale Wohnungspolitik“ und die Verdrängung von Einkommensschwachen aus bestimmten Gebieten richten. Zuletzt wurde während einer Aktionswoche im Frühjahr mittels Hausbesetzung „für den Erhalt von Freiräumen und Wohnprojekten in Berlin“ demonstriert.

„Sind nicht in 70er-Jahren“

„Ganz entspannt“ gibt man sich auch bei der Innenbehörde in Hamburg. „Wir sind nicht mehr in den 70er-Jahren, die Zeiten der Hafenstraße sind vorbei“, heißt es dort. Die Besetzung von insgesamt zwölf Häusern dauerte damals mehrere Jahre und wurde von regelrechten Straßenschlachten begleitet. Das Wohnprojekt ist inzwischen legalisiert, die Häuser wurden an die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer“ verkauft.

Das einzige in Hamburg heute noch besetzte Haus ist das Kulturzentrum Rote Flora, wo sich eine alternative Szene gebildet hat. „Das läuft aber relativ friedlich ab, die Zustände sind mit der Hafenstraße nicht zu vergleichen“, so der Sprecher der Innenbehörde.

Mutation in Kulturzentren

Die wilden Zeiten sind, wie es scheint, vorbei. Die erste Hausbesetzung hatte in Deutschland 1970 in Frankfurt stattgefunden. Es folgten viele weitere, in Köln, Hamburg, Berlin. In der Hauptstadt musste der Bürgermeister wegen seiner Wohnungspolitik den Hut nehmen. Die Bewegung etablierte sich unter dem Motto „Instandbesetzen“ vor allem im Osten der Stadt, in Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg.

Durch die Legalisierung wurden viele Häuser zu kulturellen Zentren mit alternativen Lokalen, spezialisierten Buchhandlungen etc. Am bekanntesten ist das Kulturzentrum Tacheles in der Oranienburgerstraße, das noch an die großen Zeiten der Hausbesetzer erinnert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2009)

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