Domen Prevc, sein extremer Sprungstil und seine Allüren polarisieren.
Oberstdorf. Domen Prevc ist der Überflieger dieser Skisprungsaison. Der 17-jährige Slowene gewann vier Bewerbe, er gilt auch bei der heute in Oberstdorf anhebenden Vierschanzentournee als der Topfavorit. Sloweniens Verband nahm ihn in Schutz, Medientermine seien für ihn nur eine Qual, eine Tortur. Interviews gibt er keine, wie sein Bruder Peter, 24, der als Titelverteidiger ebenso im Allgäu dabei ist. Damit beide ihre Ruhe hatten, blieben sie dem üblichen Pressetermin fern. Schweigen ist Gold.
Ob Psychospiel, Marotte oder Allüren, Prevc ist der Springer, den es zu schlagen gilt. Mit seinem extremen Sprungstil – er ähnelt dem von Noriaki Kasai, man sieht seinen Kopf mitunter zwischen den Skispitzen verschwinden – fliegt er der Konkurrenz davon. Man rätselt, sucht nach Antworten, wie so oft, wenn es einen Ausnahmekönner gibt. Doch die Branche findet keine Antworten, und Prevc schweigt. Und nur er weiß, warum.
Prevc darf nicht zum Skifliegen
Dem Prevc-Phänomen nichts abgewinnen kann der Vorarlberger Werner Schuster. Er betreut die deutschen Skispringer, eine Haltung, wie sie der Slowene vorlebt, wäre für ihn undenkbar. Schuster sagt: „Er springt, wie Max Verstappen Formel 1 fährt“, also wild bis erfrischend, doch manchmal eben noch viel zu ungestüm. Die spektakuläre Fluglage mag zwar von Vorteil sein, unbestritten sogar, aber so könne nur einer springen, „der noch nie mit 250 km/h gegen eine Mauer gefahren ist.“
Auch Alexander Stöckl, der Tiroler ist für Norwegens Skiverband im Einsatz, ist von den Sprüngen des Teenagers fasziniert, er sieht aber ähnliche Gefahren wie Schuster und formulierte es drastisch: „Irgendwann haut's ihn so richtig auf die Gosch'n.“
Sloweniens Verband hütet aber seinen Goldadler, der in Kranj das Franceta-Prešerna-Skigymnasium besucht. Beim Skifliegen muss er noch zuschauen, das sei dann doch zu extrem. Und der Beispiele schwerer Verletzungen gäbe es dann doch sonder Zahl. (fin)
Auf einen Blick
Die 65. Vierschanzentournee hebt heute mit dem Bewerb von Oberstdorf (16.45 Uhr, ORF eins, ZDF, Eurosport) an.
Titelverteidiger ist Peter Prevc (SLO), Topfavorit ist aber sein Bruder Domen. Der 17-Jährige gewann bereits vier Bewerbe in dieser Saison und ist der Weltcupführende.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2016)