Feuerpause in Syrien: Bei Damaskus wird dennoch gekämpft

In Syrien ist eine landesweite Waffenruhe in Kraft getreten
In Syrien ist eine landesweite Waffenruhe in Kraft getretenREUTERS
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Die syrische Regierung versucht, die Wasserversorgung der Hauptstadt Damaskus wiederherzustellen. In weiten Teilen das Landes hält die Feuerpause vorerst.

Eine von Russland und der Türkei ausgehandelte landesweite Waffenruhe in Syrien ist Oppositionsangaben zufolge am Freitag immer wieder gebrochen worden. Im Westen des Landes kam es wiederholt zu Zusammenstößen und Gefechten, wie die Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Rebellen erklärten. Die Feuerpause galt ab Mitternacht, schloss allerdings die Islamisten-Miliz IS aus.

Zunächst hatte es so ausgesehen, als würde die Feuerpause weitgehend eingehalten. Im Laufe des Tages häuften sich jedoch unabhängig nicht überprüfbare Berichte der Beobachtungsstelle und von Rebellen über Verletzungen der Waffenruhe. Den Angaben zufolge flogen syrische Kampfflugzeuge mindestens 16 Angriffe in der Provinz Hama. An der Grenze zur Nachbarprovinz Idlib sei es bereits in der Nacht zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und regierungstreuen Truppen gekommen. Aus der Umgebung der Hauptstadt Damaskus wurden ebenso Gefechte gemeldet wie in der Provinz Aleppo, wo Regierungstruppen vorzurücken versucht hätten. Zivile Opfer habe es bisher jedoch nicht gegeben, teilte der Leiter der Organisation, Rami Abdel Rahmane, mit.

Vonseiten des syrischen Militärs gab es zunächst keine Stellungnahme. Das syrische Staatsfernsehen berichtete allerdings, IS-Kämpfer hätten die Wasserversorgung der kürzlich von Regimetruppen eroberten früheren Handelsmetropole Aleppo unterbrochen. Auch hier lag zunächst keine unabhängige Bestätigung vor.

Wem gegenüber gilt die Feuerpause?

Für Unsicherheit sorgte zudem, dass nicht klar war, welche Rebellengruppen unter die Vereinbarung fallen. Die syrische Armee erklärte, ausgenommen seien neben dem IS der frühere Al-Kaida-Ableger al Nusra-Front sowie alle mit ihm verbündeten Gruppen. Rebellenvertreter erklärten jedoch, auch die heute unter dem Namen Fatah al-Sham auftretende Gruppe sei in die Vereinbarung eingeschlossen. Die Jihadisten-Gruppe Ahrar al-Scham wiederum erklärte, sie habe die Vereinbarung nicht unterzeichnet.

Ein Sprecher der Freien Syrischen Armee (FSA), eines losen Zusammenschlusses oppositioneller Gruppen, sagte, sie würden sich an die Waffenruhe halten. Ein FSA-Kommandant zeigte sich zuversichtlich, dass der dritte Anlauf in diesem Jahr erfolgreich sein könnte. "Neu ist die internationale Beteiligung", sagte Fares al-Bayoush. Im Februar und im September waren Abmachungen über eine Feuereinstellung schon nach wenigen Wochen gescheitert.

Hält die Waffenruhe weiterhin, könnten als nächster Schritt Friedensverhandlungen in der kasachischen Hauptstadt Astana folgen. Der russische Präsident Wladimir Putin telefonierte dazu am Freitag mit seinem kasachischen Amtskollegen Nursultan Nasarbajew. An den Gesprächen sollen Vertreter der syrischen Regierung, Russlands, der Türkei und des Iran teilnehmen. Unklar ist, welche Rebellengruppen anwesend sein werden.

Türkei lehnt YPG bei Friedensgesprächen ab

Die USA sind nicht beteiligt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, diese könnten sich dem Friedensprozess aber anschließen, wenn Donald Trump das Präsidentenamt am 20. Jänner übernommen habe. Er wolle auch Ägypten, Saudi-Arabien, Katar, Irak, Jordanien und die Vereinten Nationen einbeziehen.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu erklärte hingegen, eine Teilnahme der USA an den Astana-Gesprächen sei willkommen. Nicht beteiligt werden solle dagegen die Kurdenmiliz YPG. Diese könne im Rahmen einer umfassenden Lösung berücksichtigt werden, wenn sie ihre Waffen niederlege und die staatliche Integrität Syriens akzeptiere.

Im anhaltenden Kampf gegen den IS in Syrien unterstützte die russische Luftwaffe unterdessen erstmals die türkischen Streitkräfte mit Angriffen auf IS-Einrichtungen im Gebiet von Al-Bab im Norden Syriens. Dabei seien zwölf Extremisten getötet worden, teilte die türkische Armee mit. Türkische Kampfflugzeuge hätten ebenfalls IS-Einrichtungen bei Al-Bab sowie bei Daglabash angegriffen. Sie hätten 17 Ziele zerstört und 26 IS-Kämpfer getötet. Bei einem IS-Angriff südlich von Asraq wurde den Angaben zufolge ein türkischer Soldat getötet. Die Türkei will mit ihrer Offensive den IS, aber auch kurdische Kämpfer aus einem Streifen jenseits ihrer Grenze zu Syrien vertreiben.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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