Frankfurter Buchmesse: China, Kommerz und Zensur

Frankfurter Buchmesse China
Frankfurter Buchmesse China(c) AP (Michael Probst)
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Nichts ist in China strengeren Kontrollen unterworfen als ein Buch. Nun ist das Land bei der Frankfurter Buchmesse zu Gast. Vor der Eröffnung wird der deutsche Buchpreis vergeben: Auch ein Österreicher ist nominiert.

Einen wichtigen, aber schwierigen Gast hat sich die Frankfurter Buchmesse, die vom 13. bis zum 18. Oktober dauert, heuer eingeladen. Keine Industrie wird in China stärker kontrolliert wird als das ideologisch befrachtete Verlagswesen. Partner der Frankfurter Buchmesse ist ausgerechnet die staatliche Verwaltung für Presse und Publikationen (GAPP), die als oberste Zensurbehörde entscheidet, was in China veröffentlicht und damit auch, was jetzt in Frankfurt im offiziellen chinesischen Programm präsentiert werden darf. Doch auch für China ist die Buchmesse eine Art Prüfung: Sie will sich in der Welt nicht mehr nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell sichtbar machen.

Klare Grenzen der Zensur

Dieser Wunsch kollidiert allerdings mit vorgestrigen Propaganda-Methoden. Zwar besitzen chinesische Schriftsteller heute mehr kreative Freiheit und beschreiben den Wandel in China in vielen Facetten, aber nicht die Probleme durch das kommunistische System dahinter. Zensur und Selbstzensur setzen klare Grenzen für Autoren, wenn sie ihre Bücher in ihrem Heimatland veröffentlichen möchten.

Trotzdem sind Bücher von regimekritischen oder exilchinesischen Autoren, die Chinas Zensoren ungerne sehen, auf der Messe in Frankfurt zu finden - zumindest im inoffiziellen Programm. "GAPP kann in Deutschland nicht zensieren", sagt Jing Bartz von dem Deutschen Buchinformationszentrum (BIZ) in Peking. Das von Deutschland finanzierte BIZ hat als Schnittstelle zwei Jahre lang den Auftritt Chinas mitvorbereitet. Dass die Buchmesse nicht zensiert werde, sei in den Verhandlungen von Anfang an klar gemacht worden.

Schwarze Liste der Zensoren

Auf der Schwarzen Liste der Zensoren stehen die in China verbotene Kultbewegung Falun Gong, die Unabhängigkeitsbestrebungen der Tibeter und Uiguren sowie die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989. Schriftsteller, die engagiert die Kommunistische Partei kritisieren und Demokratie einfordern, werden als Staatsfeinde verfolgt. So sitzt der Vorsitzende des unabhängigen PEN-Clubs in China, Liu Xiaobo, seit Dezember in Haft und wartet auf seinen Prozess wegen "Untergrabung der Staatsgewalt".

Durch Internet und Blogs sind neue Freiheiten entstanden, die sich gleichwohl nicht in der Literatur niederschlagen. Ein starker Trend ist vielmehr Individualisierung. Bestes Beispiel ist der heute reichste chinesische Autor Guo Jingming: Die Bestseller des 26-jährigen Autors werden von jungen Leuten verschlungen. Er schreibt über schwieriges Erwachsenwerden, die Ignoranz der Eltern und den Prüfungsdruck in Schule und Universität.

Deutscher Buchpreis: Setz auf Shortlist

Bevor die Frankfurter Buchmesse ihre Pforten öffnet, wird am Montag um 18 Uhr aber noch der deutsche Buchpreis vergeben: Favoritin ist Herta Müller, vor wenigen Tagen zur Literatur-Nobelpreisträgerin gekürt, mit "Atemschaukel". In die engere Auswahl haben es insgesamt sechs Schriftsteller geschafft. Unter ihnen ist der junge Österreicher Clemens J. Setz. Die Verleihung findet am Vorabend der Eröffnung der Buchmesse im Frankfurter Römer statt und die Nominierten erfahren selbst erst am Abend, wer die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung erhält. Die übrigen fünf Finalisten bekommen 2.500 Euro.

Nominiert wurden neben Müllers "Atemschaukel", Rainer Merkel mit "Lichtjahre entfernt", Norbert Scheuer mit "Überm Rauschen", Kathrin Schmidt mit "Du stirbst nicht", Stephan Thome mit "Grenzgang" und eben Setz' "Frequenzen". Der Grazer Autor Setz, Jahrgang 1982, studiert Mathematik und Germanistik. Sein Debütroman "Söhne und Planeten" (Residenz) erschien 2007, für die Novelle "Die Waage" erhielt er 2008 den Ernst-Willner-Preis beim Bachmannpreis in Klagenfurt.

Die sechs Schriftsteller wurden von einer Jury aus der Longlist von zunächst 20 vorgeschlagenen Romanen ausgewählt, die seit der letzten Frankfurter Buchmesse im Herbst 2008 erschienen sind. Insgesamt haben die sieben Jurymitglieder 154 deutschsprachige Titel gesichtet.

(Ag.)

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