Wilfried Haslauer: „Die Bürger sind des Dauerstreits müde“

Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer.
Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer.(c) APA/BARBARA GINDL
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Die Österreicher wollen nicht mit politischem Streit belästigt werden, ist Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer, (ÖVP) sicher. Er plädiert für eine Vorverlegung der Nationalratswahl. Im Herbst 2018 brauche es bereits eine stabile Regierung.

Die Presse: Wann haben Sie sich zuletzt über Ihre Koalitionspartner geärgert?

Wilfried Haslauer: Man ärgert sich, wenn jemand falsch spielt oder Ausgemachtes nicht einhält. Das ist in Salzburg nicht der Fall. Es gibt unterschiedliche Sachzwänge und Geschwindigkeiten. Ich akzeptiere, dass andere politische Gruppierungen anders ticken. Im Lauf der Zeit ist in mir das Wissen gereift, dass man nicht immer mit dem Kopf durch die Wand kann. Man kann auch durch die Tür gehen, wenn sie gerade aufgeht. Das ist ein Erfolgsgeheimnis unserer Zusammenarbeit.

Ändert sich angesichts der näher kommenden Landtagswahlen 2018 das Klima in der Koalition?

Ja. Alle Parteien müssen zum Wahltermin hin ihr Profil schärfen. Es geht auch um Bewegungsspielräume für die Zeit nach der Wahl. Das gilt für die Regierung genauso wie für die Opposition. Wir haben vereinbart, dass 2017 die ruhige Sacharbeit im Vordergrund steht.

Apropos Bewegungsspielraum. Wer kommt 2018 als potenzieller Koalitionspartner infrage?

Es ist viel zu früh, um sich mit dieser Frage zu befassen.

Ihre bisherige Bilanz der Zusammenarbeit mit den Grünen?

Sie fällt sehr positiv aus, 100 Prozent gibt es aber natürlich nicht.

Wie beschreiben Sie die Koalition mit drei Worten?

Arbeitsintensiv, sachorientiert und nicht populistisch.

Was kann der Bund von der Salzburger Zusammenarbeit lernen?

Auf Bundesebene haben wir eine andere Konstellation. SPÖ und ÖVP sind sehr um die Abgrenzung voneinander bemüht sind. Wir in Salzburg betonen das Gemeinsame der Regierung und suchen die Abgrenzung gegenüber der Opposition. Die Bürger sind des Dauerstreits müde. Sie wollen, dass die Politik ihren Job macht und nicht durch politischen Streit belästigt werden.

Der Dauerstreit kennzeichnet aber die Zusammenarbeit auf Bundesebene.

Zur konstruktiven Zusammenarbeit gehören zwei Partner. Die Dauerkonfrontation kostet Energie und Kraft. Ich kenne beide Varianten. In der Koalition mit den Grünen kann ich meine Energie in die Sachpolitik stecken.

Macht die Bundesregierung noch ihren Job?

Ich bin der Meinung, dass sie unter ihrem Wert geschlagen wird, sie hat einiges vorzuweisen.

Hat die Große Koalition ausgedient?

Ich bin kein Freund der Großen Koalition, aber sie kann ihre Berechtigung haben. Es braucht ein stärkeres Aufeinanderzugehen. Das funktioniert nur, wenn es auch die zweite und dritte Ebene will.

Diesen Eindruck habe ich aber derzeit nicht. Lieber ein rasches Ende und Neuwahlen?

Das bringt uns nicht weiter. Die Wahl wird hochdramatisch. Aber noch schwieriger wird die Zeit nach der Wahl. Die Frage ist, wie man mit drei in etwa gleich starken Parteien und einigen kleineren Gruppierungen eine tragfähige Regierung bilden kann.

Sind Sie für Neuwahlen 2017?

Wenn Österreich im Herbst 2018 die EU-Präsidentschaft übernimmt und der Brexit finalisiert wird, braucht es eine funktionierende Regierung. Ich würde eine Vorverlegung für sachlich gerechtfertigt halten. Nicht aus einer Streitsituation heraus, sondern aus pragmatischen Überlegungen.

ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner ist für eine stärkere Abgrenzung zur FPÖ. Was halten Sie davon?

Diese Ansicht teile ich.

Hat sich unter Bundeskanzler Christian Kern etwas an der Zusammenarbeit mit der ÖVP verändert?

Kern muss die frustrierten Funktionäre der SPÖ mit linken Kraftansagen aufrichten. Diese sind aber hinderlich, wenn es um die Zusammenarbeit mit der ÖVP geht.

Wird Reinhold Mitterlehner oder Sebastian Kurz die ÖVP in die nächste Wahl führen?

Das ist zu entscheiden, wenn es so weit ist.

Zur Person

Wilfried Haslauer (ÖVP) ist seit 2013 Landeshauptmann von Salzburg. Die ÖVP konnte nach dem Finanzskandal die SPÖ von Platz eins verdrängen und mit 29 Prozent den Landeshauptmann zurückerobern. Der 60-jährige Haslauer trat damit in die Fußstapfen seines Vaters. Wilfried Haslauer senior stand von 1977 bis 1989 an der Spitze Salzburgs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2017)

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