Trumps Hetzjagd auf US-Konzerne

Ford Motor Co. Makes Announcement At Assembly Plant
Ford Motor Co. Makes Announcement At Assembly Plant(c) Bloomberg (Luke Sharrett)
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Donald Trump droht Amerikas Konzernen mit hohen Strafzöllen, sollten sie weiter im Ausland produzieren – und hat damit kurzfristig Erfolg. Langfristig werde das den USA schaden, warnen Experten.

Washington/Wien. Hunde, die bellen, beißen nicht. Aber gilt das auch für Donald Trump? Amerikas Konzernchefs sind sich da offenbar nicht mehr so sicher. Obwohl der Milliardär erst in knapp zwei Wochen sein Präsidentenamt antreten wird, vergeht kaum eine Woche, in der er sie nicht bedroht, sollten sie daran denken, Arbeitsplätze aus den USA abzuziehen. Via Twitter kündigte er dem US-Autobauer General Motors (GM) am Dienstag kräftige Strafzölle an, sollte das Unternehmen den Chevy Cruze weiter in Mexiko produzieren und in die USA verkaufen. GM reagierte kühl, doch nur wenige Minuten später kündigte der Branchenrivale Ford Motor an, eine geplante 1,6 Milliarden US-Dollar (1,5 Milliarden Euro) schwere Investition in Mexiko doch abzublasen. Stattdessen würden neue Arbeitsplätze in Michigan geschaffen. Und auch wenn Ford Motor beteuerte, dass Trumps Drohungen nichts mit der Entscheidung zu tun hätten, war es der bis dato größte Erfolg seiner umstrittenen, digitalen Hetzjagd auf US-Firmen im Ausland.

Schon vor der Wahl stellte Trump Strafzölle von 35 Prozent in Aussicht, sollten Unternehmen Arbeitsplätze auslagern. Mit seinen aktionistischen Angriffen machte er auch vor US-Schwergewichten wie Boeing, Lockheed Martin oder United Technologies nicht halt. Die Fehde mit der US-Autoindustrie hat ihren Ursprung in Trumps Wahlkampagne. Acht Mal trat der Milliardär vor der Wahl in Michigan auf, wo die Abwanderung vieler Autokonzerne Hunderttausende Menschen arbeitslos gemacht hatte. Er versprach ihnen die Rückkehr der Jobs aus Mexiko – und gewann den Staat erstmals seit George Bush sen. 1988 für die Republikaner.

Republikaner stellen sich gegen Trump

Analysten bezweifeln, dass Trump seine Drohungen als US-Präsident wirklich in die Tat wird umsetzen können. Ein Strafzoll auf Produkte aus Mexiko wäre etwa ein klarer Verstoß gegen das Freihandelsabkommen Nafta. Das allein dürfte den Neopolitiker freilich kaum stören. Er hat mehrfach angekündigt, den Handelsvertrag zwischen Kanada, Mexiko und den USA wieder aufschnüren zu wollen. Als Präsident wäre er in der Lage, Nafta zu sprengen. Es wäre das erste Mal seit dem 19. Jahrhundert, dass die USA aus einem Handelsvertrag aussteigen.

Bisher, so scheint es, reichen seine Interventionen in die Strategie privater Unternehmen aber aus, um kurzfristige Erfolge einzufahren. Boeing-Chef Dennis Muilenburg versprach etwa rasch, billiger zu werden, nachdem Donald Trump gepoltert hatte, dass die Kosten der Präsidentenmaschine Air Force One „außer Kontrolle“ geraten seien. Carrier, ein Tochterunternehmen von United Technologies, entschied sich im November gegen die Auslagerung von 800 Arbeitsplätzen nach Mexiko. Das Unternehmen hat sich diese Entscheidung allerdings teuer abkaufen lassen: Trump selbst verhalf Carrier zu einem Deal mit Indianapolis, der dem Unternehmen sieben Millionen Dollar an Steuern in den USA erspart. 1300 Arbeitsplätze wird Carrier dennoch wie geplant nach Mexiko verlagern. Auch Ford Motor baut zwar kein neues Werk, will seine Kleinwagen aber weiter in Mexiko zusammenbauen lassen, so der Konzern.

Während die Unternehmen also gerade austesten, ob sie Trump fürchten müssen oder gar an ihm verdienen können, warnen Ökonomen vor den langfristigen Folgen dieser Politik. Angst sei ein schlechter Ratgeber bei Investitionsentscheidungen, sagen sie. Auch viele Parteifreunde stellen sich mittlerweile offen gegen „ihren“ Präsidenten. „Wenn wir das tun (Strafzölle gegen GM, Anm.), wird das die Konsumenten treffen, weil bei Wal-Mart alles teurer wird, wenn sie (Mexiko, Anm.) sich revanchieren“, sagte der republikanische Senator Rob Portman aus Ohio.

Turbulenzen werden auch auf den Finanzmärkten erwartet. Der US-Aktienindex Dow Jones steht zwar knapp unter seinem Rekordniveau, nachdem die Investoren den Überraschungssieg des Milliardärs mit einer regelrechten Kursrallye gefeiert haben. Doch die Märkte unterschätzen die Gefahren, die von Trumps Präsidentschaft ausgehen, sagt etwa der frühere demokratische Finanzminister Larry Summers. Auch etliche Investmentbanken teilen seine Sicht. So gab etwa Morgan Stanley kurz vor Weihnachten eine Warnung an alle Investoren aus. Angesichts der hohen Erwartungen, die an den neuen Präsidenten hinsichtlich Deregulierung und Konjunkturspritzen gestellt würden, gebe es aus Sicht der Bank für die Kurse an der Wall Street nach seinem Amtsantritt nur eine Richtung, und zwar nach unten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2017)

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