Zwischen Safari, Strand und Terrorangst

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THEMENBILD: HUNGERKATASTROPHE IN DER SAHELZONE(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Der touristische Aufschwung Afrikas geht weiter. Aber er ist ungleich verteilt und scheint höchst fragil.

Wien.Afrikas Tourismus hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten rasant entwickelt. Der erste rasche Blick auf die Zahlen der UN-Weltorganisation für Tourismus (WTO) scheint eindeutig: 1990 machten überschaubare 14,7 Millionen Menschen auf dem Kontinent Urlaub. Für 2030 werden 134 Millionen Gäste erwartet.

Die Zahlen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Afrika im internationalen Vergleich weit abgeschlagen ist. Seine Tourismuseinnahmen von 34,5 Mrd. Euro machen lediglich drei Prozent des weltweiten Ertrags von 1194 Mrd. Euro aus. Nach Europa fließt der Löwenanteil: 488 Mrd. Euro. „Es ist deutlich, dass Afrika ein nicht ausgeschöpftes Tourismuspotenzial hat. Aber nur ein kleiner Teil der Subsahara-Staaten macht von den Möglichkeiten, die der Sektor bietet, Gebrauch“, hält die WTO in ihrem Afrika-Report 2015 fest. Weiters moniert sie, dass die Balance fehle. Afrikas Tourismus balle sich an seinem Nord- und Südrand.

Selbst dort, wo das Geschäft gut lief, brachten es Terror und politische Unruhen aber jüngst zum Erliegen. Tunesien und Ägypten mussten seit Ausbruch des Arabischen Frühlings Einbrüche von jährlich zum Teil mehr als 40 Prozent hinnehmen. Auch Kenia hat den Ruf der unbeschwerten Safaridestination nicht mehr vollends zurückgewinnen können. Das Land fährt eine starke Sicherheitsoffensive, nachdem es seit 2013 von mehreren Anschlägen der somalischen al-Shabaab getroffen worden ist. Bisher ohne viel Erfolg. Internationale Gäste weichen lieber auf den bis dato verschonten Nachbarn Tansania aus, wo sich Safari und Strand auch kombinieren lassen. Für 2017 gibt man sich bei Tui betreffend Nordafrika optimistisch. Laut Kathrin Limpel, Sprecherin von Tui Österreich, werden Tunesien und Ägypten erstmals wieder ein halbes Jahr im Voraus für den Sommer 2017 gebucht, nicht erst als Last-Minute-Alternative. Hanni Weiss, Leiterin der Ruefa-Fernreisetochter Jumbo und Afrika-Expertin, sieht für Kenia Hoffnung: „Die Reisewelt sucht nach Alternativen für die Türkei. Südafrika, Kenia könnten davon profitieren.“

Strahlkraft im Süden

Zumindest Südafrika dürfte wenig Hilfe von außen benötigen. Zwar spürte auch die Trenddestination – obwohl weit entfernt vom Virusherd in Westafrika – nach dem Ebolaausbruch 2013 Urlauberrückgänge. Den Aufschwung, der den Tourismus dort vor rund zehn Jahren erfasst hatte und der nach der Fußball-WM 2010 noch an Schwung gewann, konnte das aber nicht nachhaltig dämpfen. Im Windschatten des wirtschaftlichen Schwergewichts der Subsahara-Region bauten auch die Nachbarn ihren Tourismus aus. Bei Ruefa und Tui hört man Ähnliches: Namibia etabliere sich als neuer Hotspot im Süden. Und auch Botswana und Mozambique erfahren gerade einen Aufschwung. Sie begrenzen sich aber bis dato auf hochpreisige Angebote, um ihre Gästeströme einzudämmen.

Geht es nach den WTO-Entwicklungsplänen, soll auch Westafrika den Trend von Süd, Ost und Nord kopieren. Österreichs Reiseveranstalter winken für den Moment aber ab. Dorthin biete man den acht Millionen Österreichern Reisen nur auf individuellen Wunsch an. Der Terror in der Sahelzone, politische Konflikte und das Ebolarisiko strahlten zu stark aus. Weiss sieht es pragmatisch: „Wir sind ein kleiner Markt. Es geht uns in Afrika ohne den Westen nichts ab.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2017)

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