Schröcksnadel: "Maier hinterlässt eine Lücke"

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ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel über das Phänomen Hermann Maier und dessen Anruf am vergangenen Freitag: "Ich habe nicht einmal versucht, es ihm auszureden."

„Die Presse“: Der Österreichische Skiverband verliert mit Hermann Maier das größte Aushängeschild. Wer übernimmt nun die Rolle des Zugpferdes?

Peter Schröcksnadel: Wenn so ein Ausnahmeathlet aufhört, hinterlässt das immer eine Lücke. Aber das ist kein Phänomen des Skisports. Auch ein Lauda hat aufgehört oder ein Krankl, Herzog und Polster. Nach einem Franz Klammer ist es auch weitergegangen. Es geht immer weiter, auch wenn wir einige sogar auf tragische Weise verloren haben wie Rudi Nierlich. Entscheidend ist, dass man zulässt, dass es neue Stars gibt. Man darf sie nur nicht verhindern.

Wird Benjamin Raich nun als neuer Frontman aufgebaut?

Schröcksnadel: Benni ist ein anderer Typ. Auf seine Art und Weise ist er auch ein Star, aber eben anders als Hermann. Er ist verlässlich und brav – aber er polarisiert nicht. Hermann war viel emotioneller, ein wilder Hund eben. Mit seinem Rücktritt macht er nun Platz für andere, für jüngere Athleten. Aber man kann keinen Star machen. Das muss einer schon selber sein.

Wie schwer war es für Sie, mit so einer dominanten Persönlichkeit wie Maier klarzukommen?

Schröcksnadel: Bei einem der ersten Gespräche mit ihm habe ich ihn gefragt, welche Schwächen er habe. Er hat gesagt: „Präsident, ich habe keine!“ Er hat vor Selbstvertrauen gestrotzt, hat genau gewusst, was er will. Er hat aber nie irgendwelche Extrawürste gehabt. Verrückte Dinge machen andere auch. Rainer Schönfelder ist auch einmal nackert die Piste heruntergefahren. Das muss man eben mit einem Schmunzeln hinnehmen.

Hat Maier mit seiner Omnipräsenz andere in der Entwicklung gehemmt?

Schröcksnadel: Es hat sich bei mir nie jemand beklagt. Maier hat nur eine spezielle Betreuung bekommen. Wir mussten alles auf professionellere Beine stellen. Auch in puncto Pressearbeit. Ich persönlich bin mit ihm nie zusammengekracht. Nie. Er war immer vernünftig, immer zugänglich, hat nie Dinge gemacht, ohne nachzudenken. Eine gewisse Sturheit war schon vorhanden, er hat seine Linie nie verlassen.

Hermann Maier war auch der erste Athlet, den der Skiverband selbst vermarktet hat. Wie kam es eigentlich dazu?

Schröcksnadel: Wir haben aus Fehlern gelernt, die bei Andi Goldberger passiert sind. (Goldberger hatte einen eigenen Manager. Es kam zu Differenzen mit dem ÖSV, Anm.) Maier konnte sich auf uns verlassen. Wir sind auch günstiger als Manager, die zehn Prozent Provision kommen zur Gänze unserem Nachwuchs zugute. Das Projekt lief gut, jetzt haben wir 90 Prozent der ÖSV-Mannschaft unter Vertrag. Wir kümmern uns um alles. Ist jemand unzufrieden, kann er täglich die Zusammenarbeit beenden. Hermann Maier sind natürlich viele Manager die Tür eingerannt, er aber wollte Sicherheit. Er wäre nur benutzt worden.

Fürchten Sie, dass das Interesse am Skisport jetzt sinkt?

Schröcksnadel: Hermann Maier hat Quote gemacht, keine Frage. Das war sicher auch für den ORF nicht schlecht. Aber er war nicht der Einzige, das war beim Alberto Tomba nicht anders. Jetzt werden andere kommen, vielleicht ein Baumann oder Hirscher. Wir setzen aber niemanden unter Druck – und unterdrücken keinen.

Wann haben Sie wirklich vom Rücktritt erfahren?

Schröcksnadel: Hermann hat mich vergangenen Freitag angerufen. Ich dachte, er will mir sagen, wann und wo er welche Rennen bestreiten will. Aber er hat den richtigen Zeitpunkt gefunden. Und ich habe nicht einmal versucht, es ihm auszureden. Er wollte wieder gesund werden, das ist er zum Glück auch. Das können nicht viele Skifahrer von sich behaupten.

Wenn Sie am Freitag gewusst haben, dass er seine Karriere beendet, warum waren Sie dann am Montag noch in Genf, um mit Sponsoren zu verhandeln?

Schröcksnadel: Hermann ist als Killy-Nachfolger Botschafter für Rolex. Das wird er auch noch in zwanzig Jahren sein.

Wird man bald Kolumnen von Hermann Maier lesen?

Schröcksnadel: Das weiß ich nicht, ich glaube aber nicht. Er nimmt sich eine Auszeit. Und Mannschaftskollegen wird er nicht so gern kritisieren, wie ich ihn kenne. Aber seit gestern ist das eigentlich seine Sache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2009)

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