ÖVP umschifft die Personaldebatte

Parteichef Reinhold Mitterlehner (links) und Generalsekretär Werner Amon wollen das Profil der ÖVP schärfen.
Parteichef Reinhold Mitterlehner (links) und Generalsekretär Werner Amon wollen das Profil der ÖVP schärfen. (c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Obmann Reinhold Mitterlehner will mit inhaltlichen Ansagen zu Arbeitsmarkt und Sicherheit punkten. Doch in der Partei rumort es, die Personaldebatte ist nur aufgeschoben.

Wien. In der ÖVP-Zentrale hängt ein Kalender zum „Politik-Jahr 2017“. Eingetragen sind die Termine von Nationalrats- und Bundesratssitzungen. Dagegen fehlt jeder Hinweis auf eine Personaldebatte in der ÖVP. Doch gerade die wird mit einiger Wahrscheinlichkeit das Politikjahr der ÖVP prägen. Das war schon zu Jahresbeginn so: Als Reinhold Mitterlehner eine Vorstandssitzung auf den 8. Jänner vorverlegte, kamen prompt Gerüchte auf, der Parteichef wolle sich mit dem Austausch einiger Minister Luft verschaffen.

Dazu ist es nun nicht gekommen. Mitterlehner versuchte, mit inhaltlichen Ansagen der Personaldebatte auszuweichen. Unter zwanzig Prozent liegt die Volkspartei in den Meinungsumfragen. Viele in der Partei glauben, dass Außenminister Sebastian Kurz der erfolgreichere Spitzenkandidat bei der nächsten Nationalratswahl wäre. Doch der winkt zumindest vorerst noch ab. Und auch Mitterlehner selbst scheint noch nicht aufgegeben zu haben.

Das Profil der Partei schärfen, lautet seine Strategie. Die ÖVP soll sich von anderen Parteien abgrenzen, sie aber nicht ausgrenzen. Das gelte nicht nur für die FPÖ. Drei inhaltliche Schwerpunkte sind es, mit denen er das Ruder noch herumreißen will: Arbeitsplätze, Sicherheit und Nachhaltigkeit lauten die Schlagwörter.

Mit mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten sollen neue Jobs geschaffen werden. Und auch die Vermittlung von Arbeitslosen solle besser funktionieren: Es könne nicht sein, dass man in Salzburg leichter einen Koch aus der Ukraine als aus dem Burgenland bekomme. Bei der Sicherheit spricht Mitterlehner von „wehrhafter Demokratie“ mit einer „offensiven Form der Überwachung in Balance mit dem Rechtsstaat“. Beim Thema Nachhaltigkeit geht es um die Schaffung eines ökologischen Steuersystems, aber auch um die Sicherung des Pensions- und Gesundheitssystems. Diese Punkte will er mit dem Koalitionspartner besprechen und bis Ende des Monats ein aktualisiertes Regierungsprogramm vorlegen.

Über das alles habe man beim Parteivorstand gesprochen, so Mitterlehner. Sitzungsteilnehmer berichten aber auch, dass es eingangs eine ungefähr zweieinhalb Stunden dauernde Debatte über Personal und Befindlichkeit der Partei gegeben hat. Mitterlehner überraschte in seinem Eingangsstatement mit deutlicher Kritik an seinem oberösterreichischen Landsmann und früheren Chef in der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl. Dieser hatte eine Aussprache zwischen Mitterlehner und Kurz angeregt. Es sei unsinnig, das Thema unnötig zu befeuern, rüffelte der Parteichef Leitl nach der Sitzung auch öffentlich.

Mehrere Mitglieder, besonders die Landeshauptleute Erwin Pröll (Niederösterreich) und Hermann Schützenhöfer (Steiermark) haben dem Vernehmen nach verlangt, dass Kurz künftig gegen Angriffe aus der SPÖ stärker verteidigt werden müsse. So sei auch kritisiert worden, dass es zuletzt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter vorbehalten geblieben sei, Kurz zur Seite zu springen – ohne dass es aus dem Generalsekretariat Werner Amons eine öffentliche Wortmeldung gegeben hätte. Anlass dafür war ein Bericht in der „Presse am Sonntag“, wonach Berater des Bundeskanzleramtes das Privatleben von Kurz durchleuchten.

Mehrere Spitzenvertreter der ÖVP haben, wie aus Teilnehmerkreisen berichtet wird, auch ihre Verwunderung und ihr Unverständnis über Mitterlehners Eintreten für Alexander Van der Bellen in der Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten geäußert. Und auch ein anderer Konflikt sei angesprochen worden. Schützenhöfer habe Kritik am Ordnungsruf Mitterlehners an Klubchef Reinhold Lopatka geübt. Dieser hatte sich für FPÖ-Kandidat Norbert Hofer ausgesprochen.

Mitterlehner nennt die Debatten „übliche Gepflogenheiten in der ÖVP rund um den Dreikönigstag“. Man habe im Parteivorstand aber alles ausgeredet. Dass nun alle an einem Strang ziehen, kann der Parteichef freilich nicht versprechen: Das sei in der genetischen Struktur der Partei eine Schwierigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2017)

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