USA: Vorhang auf für Trumps Kandidaten

Der designierte US-Justizminister, Jeff Sessions (l.), traf vorige Woche den führenden Senatsdemokraten, Dick Durbin.
Der designierte US-Justizminister, Jeff Sessions (l.), traf vorige Woche den führenden Senatsdemokraten, Dick Durbin.(c) AFP//Chip Somode
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Die ersten neun Anwärter für Ministerämter in Donald Trumps künftiger Regierung stellen sich der Anhörung im Senat. Die Demokraten protestieren gegen einige ebenso laut wie machtlos.

Washington. Den Anfang der Anhörungen in den Ausschüssen des Senats macht der vermutlich kontroversiellste Kandidat aus der designierten Regierungsmannschaft Donald Trumps: Jeff Sessions, langjähriger republikanischer Senator aus Alabama und zuvor dort ein beinharter Staatsanwalt, muss sich heute, Dienstag, den Fragen vor allem der demokratischen Senatoren im Justizausschuss stellen.

Der 70-jährige Sessions, Trumps erster Unterstützer aus dem Senat während dessen parteiinternem Wahlkampf um die Nominierung, steht seit Jahrzehnten in der Kritik von Grundrechtsaktivisten und Menschenrechtsanwälten. Er habe beharrlich die Durchsetzung der verfassungsrechtlichen Garantien für Schwarze in Fragen des Wahlrechts und der sonstigen Gleichbehandlung mit Weißen sabotiert. Auch habe Sessions sich regelmäßig verächtlich über Schwarze geäußert und sie mit rassistischen Schmähnamen bedacht. Das führte im Jahr 1986 dazu, dass der Senat die Bestellung von Sessions zum Bundesrichter gegen den Willen von Präsident Ronald Reagan verhinderte.

Bumerang für Demokraten

Diese Kränkung dürfte Sessions' Ärger über die seiner Ansicht nach zu liberalen „Eliten“ verschärft und sein frühes Bekenntnis zu Trumps Kandidatur gefördert haben, wie die „New York Times“ am Montag in einem knapp vierseitigen biografischen Profil des designierten Justizministers veranschaulicht. Manche früheren Aussagen von Sessions klingen wie vorab aus dem Mund Trumps gepflückt: „Es ist nicht xenophob, sondern unsere patriotische Pflicht, die Unversehrtheit unserer Grenzen und den Rechtsstaat zu verteidigen“, sagte er beispielsweise im Jahr 2014. In einer Enquete zur Frage der Reform des Einwanderungsrechts spöttelte er über die US-Handelskammer, die eine höhere Zahl an Einwanderern forderte: „Wie viele Wählerstimmen hat die denn?“ Als sich im Jahr 2013 im Kongress die rare Möglichkeit eines parteiübergreifenden Kompromisses zur Einwanderungsreform abzeichnete, mobilisierte Sessions republikanische Mitglieder des Abgeordnetenhauses, um dieses Unterfangen im Keim zu ersticken.

Bei der Anhörung im Justizausschuss ist nun zu erwarten, dass die Demokraten diese Episoden aus Sessions' politischem Leben gegen ihn ins Treffen führen werden. Sie werden zudem vorbringen, dass sich Sessions entgegen den Gepflogenheiten bisher weigerte, den Ausschussmitgliedern eine Übersicht über seine politisch relevanten Interviews, Kommentare und sonstigen öffentlichen Äußerungen zur Verfügung zu stellen.

An seiner Bestellung zu Trumps Justizminister werden die wortgewaltigen Angriffe der Demokraten beim Hearing allerdings voraussichtlicht nichts ändern. Die Republikaner beherrschen nach der Wahl im November nämlich weiterhin den Senat mit 52 zu 48 Sitzen. Und seit dem Jahr 2013 reicht eine einfache Mehrheit, um Regierungsmitglieder im Senat zu bestätigen. Diese Reform, die das Blockieren von Kandidaten durch eine Minderheit verhindern sollte, ist den Demokraten somit zum Bumerang geworden.

Tillersons Russland-Nähe

Neben Sessions darf sich vor allem Rex Tillerson, der bisherige Vorstandschef des Ölkonzerns Exxon Mobil und Trumps Wahl für das Außenministeramt, auf besonders ungemütliche Stunden im Kreuzfeuer der Opposition gefasst machen. Tillerson pflegt seit Jahren enge Kontakte zum Kreml und zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Tillerson hat sich mehrfach gegen eine Fortsetzung der US-Sanktionen gegen russische Unternehmen und Schlüsselfiguren in Putins Entourage ausgesprochen, mit denen Washington auf die militärische russische Besitznahme der Krim und die Anheizung des Krieges in der Ostukraine reagiert.

Es ist aber unwahrscheinlich, dass die persönliche Nähe zu Putin genügt, um zumindest drei republikanische Senatoren zur Ablehnung Tillersons zu bewegen. Selbst John McCain, der wohl schärfste Russland-Kritiker in der Partei, meinte am Sonntag bloß, er habe zwar zusätzliche Fragen, es müsse jedoch „einen überzeugenden Grund geben“, Kandidaten abzulehnen.

Auf einen Blick

Neun Kandidaten für Posten in Donald Trumps Regierung werden diese Woche im US-Senat angehört. Am Dienstag beginnen Jeff Sessions (Justiz) und John Kelly (Heimatschutz). Am Mittwoch ist Sessions ein zweites Mal dran, dazu kommen Elaine Chao (Verkehr), Rex Tillerson (Auswärtiges), Betsy DeVos (Bildung) und Mike Pompeo (CIA). Am Donnerstag folgen James Mattis (Verteidigung), Wilbur Ross (Handel) und Ben Carson (Wohnbau).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2017)

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