Artikel über KZ-Häftlinge: OGH entscheidet gegen "Aula"

Der Justizpalast, Sitz des OGHs und des Oberlandesgerichts Wien
Der Justizpalast, Sitz des OGHs und des Oberlandesgerichts WienAPA/GEORG HOCHMUTH
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In dem Artikel wurden KZ-Häftlinge als "Massenmörder" bezeichnet. Zeitschrift und Autor sind nun bis zum Ende des Verfahrens solche Aussagen verboten.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat im Verfahren um einen Artikel in der vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuften Zeitschrift "Aula" eine Entscheidung getroffen: Die für die Kläger erlassene Einstweilige Verfügung wurde bestätigt. Dem FPÖ-nahen Blatt sowie dem Autor des umstrittenen Artikels ist es damit bis zum Ende des Verfahrens untersagt, die getätigten sowie ähnliche Aussagen zu wiederholen.

In der Causa geht es um einen Artikel, der im Sommer 2015 unter dem Titel "Mauthausen-Befreite als Massenmörder" publiziert wurde. Darin wurden Befreite des Konzentrationslagers Mauthausen als "Landplage" und "Kriminelle" bezeichnet. Die Grünen brachten daraufhin eine Anzeige ein, die Staatsanwaltschaft Graz lehnte diese mit der Begründung ab: Es sei "nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte", und es gebe in der Literatur auch Hinweise auf strafbare Handlungen und sei "nach der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar, da sich unter den Inhaftierten (unbestritten) Rechtsbrecher befanden", erklärte die Staatsanwaltschaft Graz damals und erntete dafür heftige öffentliche Kritik.

Die Grünen sowie eine Reihe von Überlebenden brachten daraufhin medienrechtliche Anträge und eine zivilrechtliche Klage ein. In einem Sicherungsverfahren, das neben dem Hauptverfahren läuft, hat der OGH nun die für die Kläger erlassene Einstweilige Verfügung bestätigt.

Der OGH hat laut dem Beschluss die "Aktivlegitimation" und damit die persönliche Betroffenheit der zehn Kläger - Widerstandskämpfer bzw. politisch und aus rassischen Gründen verfolgte sowie eine Erbin eines aus rassischen Gründen Verfolgten - anerkannt. Der Oberste Gerichtshof hielt darüber hinaus auch fest, dass es den in der "Aula" erhobenen Vorwürfen "nicht nur in moralischer Hinsicht an Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus mangle, sondern es sich vielmehr um unwahre und an Intensität kaum zu überbietende Vorwürfe von kriminellem Verhalten" handle. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage zu einer solchen Einschätzung gelangten, dann sei darin jedenfalls "keine aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken", so der OGH.

Walser ortet "historische Dimension"

"Wir gehen davon aus, dass das auch Konsequenzen in den Hauptverfahren haben wird, weil die entscheidende Rechtsfrage bereits vom OGH beantwortet wurde", beurteilte der Grüne Nationalratsabgeordnete Harald Walser die Entscheidung. Vor allem der Umstand, dass der OGH die persönliche Betroffenheit der Kläger anerkennt, habe "historische Dimension - dadurch wird es künftig mehr Klagen geben können", sagte Walser am Dienstag.

Zufrieden zeigte sich auch die Anwältin Maria Windhager, die im Verfahren die KZ-Überlebenden vertritt. "Ich freue mich über diese längst überfällige Stärkung des Persönlichkeitsschutzrechtes bei Kollektivbeleidigungen", erklärte Windhager.

(APA/Red.)

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