"VW auf keinen Fall komplett durch"

APA/dpa-Zentralbild/Arno Burgi
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Die bevorstehende milliardenschwere Einigung von Volkswagen mit der US-Regierung im Dieselskandal sorgt an der Börse für Erleichterung.

Die VW-Aktie lag am Mittwochmittag mehr als vier Prozent im Plus und war damit der größte Gewinnern im Leitindex Dax. Der Wolfsburger Autokonzern hatte am Dienstag von "fortgeschrittenen Gesprächen" mit dem US-Justizministerium berichtet, die sich um eine Einigung auf Bußgelder und Strafzahlungen von insgesamt 4,3 Milliarden Dollar drehen. VW und Hauptaktionär Porsche SE warnten jedoch, dass dies die bisherigen Rückstellungen übersteige und die Ergebnisse belasten könnte. Analysten atmeten dennoch auf: "Eine Strafe ist nie gut", schrieben die Berater von Evercore ISI. "Investoren sollten dennoch eine gewisse Erleichterung verspüren", weil Klarheit herrsche und der finanzielle Schaden zu bewältigen sei.

Der Vergleich wird noch am Mittwoch erwartet. Derzeit befasst sich Insidern zufolge der Aufsichtsrat von Volkswagen mit der Vereinbarung. Stimmt das Kontrollgremium zu, dann kann es von den US-Behörden abgesegnet werden.

Für Michael Punzet von der DZ Bank ist es "eine gute Nachricht", dass VW einen weiteren wichtigen Schritt zur Beilegung der Dieselaffäre in den USA macht. "Aber die finanziellen Auswirkungen scheinen höher zu sein, als vom Kapitalmarkt erwartet." Punzet merkte an, dass VW jetzt eigentlich viel Geld für die neue Strategie 2025 ausgeben müsse, mit der sich der Konzern auf neue Trends wie Elektromobilität und Digitalisierung einstellen will.

Wie hoch die zusätzlichen Rückstellung nun ausfallen, ist bislang offen. Die Analysten von Evercore ISI gehen davon aus, dass VW zusätzlich zu den bis dato 18,2 Milliarden Euro noch zwei bis drei Milliarden zurücklegen muss. Die bisherigen Rücklagen deckten die beiden zivilrechtlichen Vergleiche mit geschädigten Autokäufern, Händlern und US-Bundesstaaten ab, die sich auf mehr als 16 Milliarden Euro belaufen.

Das US-Justizministerium hatte den Wolfsburger Konzern vor fast genau einem Jahr verklagt. VW hatte im September 2015 die Abgas-Manipulation von weltweit elf Millionen Autos per Software zugegeben. Mit der Milliardenstrafe muss der Wolfsburger Konzern dafür büßen, dass er mit der Manipulation von rund einer halben Million Dieselautos die Behörden in den USA getäuscht und gegen das Luftreinhaltegesetz verstoßen hat. Der Vergleich sieht nun vor, dass der Autobauer seine Schuld nach US-Strafrecht anerkennt. Dazu wird es eine Beschreibung der Fakten geben. VW muss außerdem sein internes Kontrollsystem zur Einhaltung von Vorschriften verbessern und sich einer unabhängigen Aufsicht unterwerfen.

"VW auf keinen Fall komplett durch"

Ingo Speich, Fondsmanager von Union Investment, sprach von einem "Etappensieg, VW ist auf keinen Fall komplett durch. Es bestehen noch immer erhebliche Rechtsrisiken, es gibt noch zahlreiche Klagen, die offen sind." Allein in Europa - wo gut acht der insgesamt elf Millionen manipulierten Dieselautos der Marken VW, Skoda, Seat, Audi und Porsche auf die Straße kamen - sei die Zahl "exorbitant hoch". In Europa erhalten die betroffenen Kunden keine finanzielle Entschädigung, ihre Fahrzeuge sollen durch eine Rückrufaktion in Ordnung gebracht werden. Da sich viele VW-Kunden damit nicht begnügen wollen, sind in Deutschland Schadenersatzklagen beim Landgericht Braunschweig anhängig. Speich sagte weiter, VW habe mit dem Vergleich in den USA "eine große Rechtsstreitigkeit beigelegt". Die Summe der Strafzahlungen sei akzeptabel.

(Reuters)

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