Aktion scharf gegen Staatsverweigerer

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Die Behörden gehen entschieden vor: Jüngst wurden zwei Staatsverweigerer verhaftet, ein Strafrechtsparagraf ist nun auf Schiene.

Wien. Die jüngsten Fälle wurden erst am Donnerstag bekannt: Ein 68-Jähriger aus dem Bezirk Melk wurde verhaftet, seit 2014 soll er Mitarbeiter von Bezirkshauptmannschaften, Gerichten und Polizei bedroht haben. Er ist in U-Haft. Das mutmaßliche Mitglied einer staatsfeindlichen Organisation wollte Verwaltungsstrafen wegen Verkehrsdelikten nicht zahlen. Die Vollstreckung versuchte er laut Polizei durch gefährliche Drohungen „in einer Vielzahl schriftlicher Eingaben an Bezirkshauptmannschaften, Landesverwaltungsgericht, Landespolizeidirektion und Bezirksgericht“ zu verhindern. Konkret drohte er, Pfandrechte ins US-Handelsregister Uniform Commercial Code (UCC) einzutragen – eine übliche Masche, wie sie von Verbindungen wie „One People's Public Trust“ (OPPT), „Freeman“ oder „Terrania“ bekannt ist.

Der 68-Jährige war nach Angaben der Polizei auch 2014 in Hollenbach im Waldviertel dabei, als eine OPPT-Gruppierung für einen Polizeieinsatz sorgte. Auch ein Zweiter mit Verbindung zur damaligen Gruppierung sitzt nun in Haft. Wie jüngst bekannt wurde, hat die Polizei den 46-Jährigen aus dem Bezirk Horn schon im Dezember verhaftet. Der 46-Jährige zahlte laut Anklage Müllabfuhr- und Gemeindegebühren sowie Pflichtversicherungsbeiträge nicht. Dem Bürgermeister soll er für die Verwendung seines Namens in Schriftstücken „Rechnungen“ über mehrere Millionen Euro ausgestellt und ebenfalls Pfandrechtstitel in den USA eingetragen haben. Der Prozess wegen versuchter Erpressung ist für den 30. Jänner angesetzt. Solche und ähnliche Verfahren werden sich häufen. Mindestens 750 Personen erkennen den Staat Österreich nicht mehr an. Da diese Zahl wächst, sind schärfere Gesetze in Arbeit.

Ein neuer Paragraf im Strafgesetzbuch in Anlehnung an § 246 (Staatsfeindliche Verbindungen) soll regeln, dass es strafbar ist, eine Bewegung zu gründen, die Hoheitsrechte der Republik und Hoheitsakte ihrer Behörden nicht anerkennt oder sich solche Rechte selbst anmaßt. Darauf könnte laut einem Entwurf eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren stehen. Auch jeder, der eine solche Bewegung unterstützt oder sich ihr anschließt, könnte mit einem Jahr Freiheitsstrafe oder 720 Tagsätzen bestraft werden.

Bis zu zwei Jahre Haft in Diskussion

Ein Gesetzesentwurf aus dem ÖVP-Justizministerium ist aktuell in Abstimmung in der Koalition. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim spricht gegenüber der „Presse“ von einem „grundsätzlichen Konsens“: „Wir sind mit den Vorschlägen einverstanden, aber es darf kein Gesinnungsdelikt entstehen, es muss ein konkretes Delikt sein.“ Noch ist der Text also nicht fix. Sobald der in der Koalition vereinbart ist, geht das Gesetz in Begutachtung.

Vor allem Oberösterreich, mit der Szene um Joe Kreissl und sein Schloss Walchen im Bezirk Vöcklabruck ein Kerngebiet der „Freemen“, fordert scharfes Vorgehen: Man werde nicht zusehen, wie Staatsverweigerer den öffentlichen Dienst lahmlegen, so Landeshauptmann-Stellvertreter Thomas Stelzer (ÖVP). Seine Forderungen nach einer Gesetzesänderung beinhalten auch, dass es strafbar sein soll, wenn eine Person Eingaben an Behörden richtet, „die auf staatsfeindlicher Gesinnung beruhen“, erfundene Ausweise oder Kennzeichen verwendet oder sich auf die Theorien dieser Bewegung beruft.

Bis in Wien über den neuen Paragrafen entschieden wird, wartet man in Linz nicht: Auf Landesebene werden erste Maßnahmen umgesetzt: So können sich betroffene Mitarbeiter etwa nun an die Abteilung Präsidium im Land wenden, die die Löschung der Fantasieschulden beim US-Handelsministerium beantragen will. Außerdem sind Fortbildungen und schriftliche Handlungsempfehlungen in Arbeit, da schon viele Mitarbeiter von Behörden – von Gemeinden, Jugend- oder Sozialamt bis zu Gerichtsvollziehern – bedroht wurden. Im Bezirk Perg etwa werden die Amtshandlungen mit Staatsverweigerern nun nur noch in Begleitung von Polizei oder Cobra durchgeführt.

AUF EINEN BLICK

Staatsverweigerer diverser Art, von „Freemen“, OPPT („One People's Public Trust“), „Staatenbündlern“ bis „Reichsbürgern“, erleben Zulauf und sorgen bei Behörden für massiven Arbeitsaufwand. Zwei solcher Staatsverweigerer wurden jüngst in Niederösterreich verhaftet. Ein 68-Jähriger soll Bezirkshauptmannschaft, Gerichte und Polizei bedroht haben, einem 46-Jährigen wird unter anderem Erpressung vorgeworfen. Auch ein neues Gesetz gegen Staatsverweigerer ist auf dem Weg: Die Details sind aber noch in Abstimmung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2017)

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