Kein Plan F, aber Strache als Plan A

FPOe-NEUJAHRSTREFFEN: STRACHE
FPOe-NEUJAHRSTREFFEN: STRACHEAPA/BARBARA GINDL
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Beim Neujahrstreffen der FPÖ wurden die Anhänger auf das große Parteiziel eingeschworen: Platz eins. Bundeskanzler Kern und Außenminister Kurz seien „Marketingluftblasen“.

Die Flammen auf der Bühne loderten, die Nebelmaschinen arbeiteten auf Hochtouren, und aus den Boxen dröhnte Musik. Die FPÖ-Spitze kämpfte sich durch die Bierbankreihen, vorbei an rot-weiß-roten Fahnen, grölenden Fans und zahlreichen Kameras. Parteichef Heinz-Christian Strache stieg auf die Bank in der ersten Reihe vor der riesigen blauen Bühne. Er nahm selbst eine Flagge in die Hand und begrüßte die 4000 Fans mit einem betont rustikalen „Griaß eich“.

Die FPÖ hat am gestrigen Samstag ihr traditionelles Neujahrstreffen abgehalten. Das bedeutet Volksfeststimmung um neun Uhr morgens – inklusive Bier, Würstel und Après-Ski-Hits. Diesmal gastierte die FPÖ in der Salzburgarena. Wels, die blaue Hochburg in Oberösterreich, in der die Freiheitlichen im Vorjahr feierten, hat am Mittwoch dieser Woche ja schon Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) für seine Präsentation des Plan A besetzt.

Einen Plan F bekamen die Unterstützer, die mit Bussen aus ganz Österreich angekarrt wurden, zwar nicht zu hören. Aber dafür viel Kritik an der Inszenierung des Bundeskanzlers. Man wisse nun, dass das „A“ nicht für Austria, sondern für „abenteuerlich, absurd und aberwitzig“ stehe, sagt FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der neben dem gescheiterten Bundespräsidentschaftskandidaten, Norbert Hofer, und der jungen Salzburger Landesparteiobfrau, Marlene Svazek, zu den Vorrednern zählte. Letztere bezeichnete die Kanzlerrede als „billig inszenierte Verkaufsshow“. Kickl machte sich über Kerns Mondflugambitionen lustig, mit denen jener große Innovationen gemeint hatte: „Apollo 2017 heißt, die rot-schwarze Regierung gehört auf den Mond geschossen.“ Der Parteistratege, der für seine Pointen den meisten Applaus einheimste, bat den Kanzler in Anspielung auf dessen mit Elvis Presley unterlegtem Werbevideo: „Lieber Herr Kern, a little less ,Söbstverliebheit‘ und Eitelkeit und a little more Liebe zu den Menschen und Leidenschaft.“


Strapazierter Strache. Richtig leidenschaftlich wurde es aber auch bei FPÖ-Chef Strache, der von Hofer als „Plan A“ bezeichnet wurde, nicht. Fast zwei Stunden stand er hinter seinem Pult, auf dem in großen Lettern „Österreichs stärkste Kraft“ zu lesen war. Ein Slogan, der die Besucher schon beim Eingang in die Messehalle begrüßte und in meterhohen Buchstaben auch auf der Videoleinwand zu lesen war.

Der FPÖ-Parteichef schwor seine Anhänger schon einmal auf die nächste Nationalratswahl ein, die seiner Meinung nach wohl noch 2017 sein wird. „Wir haben unser Ziel für Österreich so knapp vor Augen wie nie zuvor. Ein Österreich, das das rot-schwarze System überwinden kann“, rief Strache laut in die Mikrofone. In der Halle blieb es aber überraschend ruhig. Beifall gab es meist nur für harte Ansagen im Bereich der Flüchtlingspolitik. Die Rede des Parteichefs schien dem ein oder anderen zu lang zu sein. Auch Strache selbst schien strapaziert. Seine Augen wirkten etwas müde, seine Stimme drohte zwischendurch wegzubrechen.

Kein Machtkampf. Das Neujahrstreffen der FPÖ sorgte schon im Vorfeld für Schlagzeilen, konkret: das Plakat zur Veranstaltung. Auf diesem war ursprünglich nämlich nicht Strache, sondern Hofer als Hauptredner ausgewiesen. Das befeuerte Spekulationen über parteiinterne Machtkämpfe. Seit Hofer bei der Präsidentschaftswahl für das beste freiheitliche Ergebnis aller Zeiten gesorgt hat, wird darüber debattiert. Wohl deshalb waren die Moderatorin, die Vorredner wie auch die Band mit Liedern wie „Du schaffst das schon“, das sie Strache widmeten, bemüht, den Obmann in den Mittelpunkt zu stellen.

Auch der Parteichef selbst versuchte, Unruhen innerhalb der Partei im Keim zu ersticken: „Es gibt bei uns ein Team, eine Mannschaft, eine Kameradschaft.“ Als „starker Parteiobmann“ wisse er, dass es mehrere starke Persönlichkeiten innerhalb einer Partei brauche. Es sei die „gehässige Berichterstattung“, die versuche, in die Partei „hineinzuzündeln“. Das bewirke aber nichts. „Das Team ist so eng in der Führungsmannschaft, dass kein einziges Blatt Zeitungspapier bei uns hineinpasst“, sagte der Parteiobmann, der zu seiner schon fast traditionellen Medienkritik hinzufügte: „Lasst die übliche Medienhetze links liegen. Das stört uns nicht. Das macht uns nur stärker.“


Schöne heiße Luft. Die nächste Nationalratswahl sieht die FPÖ offenbar als Rennen zwischen drei Persönlichkeiten – Strache gegen SPÖ-Chef Kern und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP).Deshalb war die Kritik an diesen beiden besonders heftig. „Kurz und Kern sind einander gar nicht so unähnlich. Beide sind Marketingluftblasen – schön gekleidete heiße Luft“, sagte Strache.

Eine der beiden Parteien könnte nach der nächsten Wahl, wenn die FPÖ tatsächlich Regierungsverantwortung übernehmen möchte, dennoch der Koalitionspartner sein. Nur wer? Die SPÖ, die zuletzt einen Schritt auf die FPÖ zumachte? Oder doch die ÖVP, die sich abzugrenzen versucht? Direkt sprach das gestern niemand an. Heraushören konnte man, dass die SPÖ nicht gleich wieder vergrämt werden sollte. Die ÖVP wurde härter attackiert: „Wir sind nicht der politische Kuschelbär der ÖVP. Wir sind der Widerpart der verlogenen und falschen ÖVP“, sagte Svazek auch im Hinblick auf die Landestagswahl 2018.

Positionieren will sich die FPÖ als soziale Wirtschaftspartei. Das versprochene Programm dazu blieb man gestern aber schuldig. Es soll, wie Strache sagte, im Februar präsentiert werden. Schlagworte gab es aber schon einmal. Es soll „mehr netto vom Brutto“, einen Mindestlohn von 1300 Euro und eine Mindestpension von 1100 Euro geben. Außerdem will man den Zugang zum Arbeitsmarkt für Osteuropäer einschränken. Ein klares Bekenntnis zum Verbleib in der EU gab es trotzdem. Vieles davon scheint den Ankündigungen Kerns nicht unähnlich.

Nach fast zwei Stunden wurde es in der Halle doch noch einmal so richtig laut – nämlich als Strache über die Flüchtlingspolitik sprach. Er forderte ein Islamisierungsverbotsgesetz und nicht die Halbierung der Obergrenze, wie es die ÖVP möchte, sondern „eine Nullzuwanderung, in Wahrheit eine Minuszuwanderung, weil alle Illegalen und Kriminellen gehören aus dem Land.“ Das sei keine Hetze. Hetze sei vielmehr, wenn unverschleierte Frauen als „Schlampen“ bezeichnet würden.

Unter tosendem Beifall hörte man Strache dann nur noch sagen: „Gott beschütze euch. Ich liebe euch, meine Freunde.“ Dann wurden die Feuerspeier wieder eingeschaltet. Und es ertönte „Immer wieder Österreich“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2017)

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