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Staatsanwalt fordert bis zu 142 Jahre Haft für Demirtas

HDP-Chef Demirtas sitzt seit Anfang November in Haft in der Türkei.
HDP-Chef Demirtas sitzt seit Anfang November in Haft in der Türkei.(c) APA/AFP/OZAN KOSE (OZAN KOSE)
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Wegen Verbindungen zur in der Türkei verbotenen PKK droht dem Parteichef der HDP, Selahattin Demirtas, eine lange Haftstrafe.

Der kurdische Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas soll nach dem Willen der türkischen Staatsanwaltschaft zu einer Haftstrafe von bis zu 142 Jahren verurteilt werden. Für die Ko-Vorsitzende der pro-kurdischen Partei HDP, Fiden Yüksekdag, forderte die Staatsanwaltschaft von Diyarbakir am Dienstag eine Freiheitsstrafe von 83 Jahren, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Den beiden Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP) werden Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und "Terror-Propaganda" zur Last gelegt. Die beiden HDP-Vorsitzenden waren Anfang November zusammen mit mehreren Abgeordneten ihrer Partei festgenommen worden und sitzen seitdem in Haft.

Demirtas, Yüksekdag und die anderen neun inhaftierten Abgeordneten weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück und bezeichnen das Verfahren als politisch motiviert. Die HDP setzt sich seit ihrer Gründung 2012 für eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts ein, doch ist der Konflikt seit dem Abbruch der Friedensgespräche zwischen Regierung und PKK im Sommer 2015 wieder eskaliert.

HDP will friedliche Lösung

Die HDP setzt sich seit ihrer Gründung 2012 unter der Führung des charismatischen Demirtas für eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts ein. In der Zeit der Waffenruhe zwischen März 2013 und Juli 2015, als die Regierung Friedensgespräche mit der PKK führte, war die HDP ein gefragter Gesprächspartner für Erdogans islamisch-konservative AKP.

Bei der Parlamentswahl im Juni 2015 gelang der HDP aber erstmals der Einzug ins Parlament, wodurch sich die Machtverhältnisse so verschoben, dass die AKP zum ersten Mal seit 2002 ihre absolute Mehrheit verlor. In den Wochen nach der Wahl eskalierte der Konflikt mit der PKK wieder und die Friedensgespräche brachen zusammen.

Heute ist die HDP im politischen System weitgehend marginalisiert. Nicht nur wird sie von der AKP ausgegrenzt, sondern auch die oppositionelle CHP meidet den Kontakt. Nach einem Anschlag kurdischer Extremisten auf die Polizei in Istanbul am 10. Dezember wurden hunderte Mitglieder der Partei wegen angeblicher PKK-Kontakte festgenommen.

Elf HDP-Abgeordnete sitzen derzeit in Haft und können nicht an der Parlamentsarbeit teilnehmen. Aus Protest boykottiert die HDP die laufende Debatte über die geplante Verfassungsreform zur Einführung eines Präsidialsystem. Durch die Inhaftierung der HDP-Abgeordneten sei die "Debatte und die Abstimmung von Anbeginn kontrovers", erklärte Demirtas vergangene Woche.

Haftstrafe gegen Parlamentarierin

Gegen die HDP-Abgeordnete Nursel Aydogan hat ein türkisches Gericht schon Ende letzter Woche eine Haftstrafe von mehr als viereinhalb Jahren verhängt. Aydogan sitzt für die Kurdenmetropole Diyarbakir im Parlament, ihr werden "Straftaten im Namen einer Terrororganisation" zur Last gelegt. Das geht aus dem Gerichtsprotokoll von Freitag hervor, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Ihr Anwalt kündigte Berufung an.

Der Strafgerichtshof in Diyarbakir bezieht sich auf Aydogans Teilnahme an Beerdigungen von Mitgliedern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vor sechs Jahren. Aydogan war am 4. November 2016 in Untersuchungshaft genommen worden. "Nursel Aydogan hat in ihrer Funktion als Abgeordnete an den Beerdigungen teilgenommen. Das Gericht behandelt sie trotzdem wie eine bewaffnete Verbrecherin", sagte ihr Anwalt gegenüber der dpa.

Es ist das zweite Mal seit dem Aufheben der parlamentarischen Immunität im Juni 2016, dass ein Gericht eine Gefängnisstrafe gegen eine HDP-Abgeordnete ausspricht. Im vergangenen November war gegen Yüksekdag wegen Vorwürfen der Terrorpropaganda eine zehnmonatige Haftstrafe verhängt worden, die allerdings noch nicht rechtskräftig ist.

(APA/AFP)