Letzte Vermittlungsversuche in Gambia gescheitert

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Auch der mauretanische Präsident Mohamed Ould Abdel Aziz konnte den abgewählten Präsidenten Yahya Jammeh bei einem letzten Vermittlungsversuch nicht zur Aufgabe seines Amtes bewegen.

In Gambia wird eine internationale Militärintervention zum Sturz des abgewählten Präsidenten Yahya Jammeh immer wahrscheinlicher. Der mauretanische Präsident Mohamed Ould Abdel Aziz konnte Jammeh am Mittwoch bei einem letzten Vermittlungsversuch nicht zur Aufgabe seines Amtes bewegen und flog zu Beratungen nach Senegal, das Soldaten an die Grenze Gambias geschickt hat.

Aziz will in Gesprächen mit dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall nach einer Lösung in dem Konflikt suchen, hieß es am Donnerstag aus Kreisen des senegalesischen Präsidentenamtes. Der Senegal hat mit einem Einmarsch in Gambia gedroht, sollte der abgewählte Staatschef Yahya Jammeh sein Amt nicht Mitternacht aufgeben und die Macht an den Wahlsieger Adama Barrow übergeben. Senegal legte zudem im UNO-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vor, wonach die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) einen friedlichen Machtwechsel in Gambia mit "allen erforderlichen Maßnahmen" ermöglichen soll.

Keine Gegenwehr bei Militärintervention der Nachbarländer

Ein Sprecher der senegalesischen Armee sagte, Truppen seien unterwegs zur Grenze mit Gambia. Sie seien bereit, im Nachbarland einzugreifen. Das Staatsgebiet Gambias wird - bis auf die Küste - komplett von Senegal umschlossen. Die westafrikanische Regionalmacht Nigeria schickte 200 Soldaten in die senegalesische Hauptstadt Dakar. Dazu kämen Transportflugzeuge, ein Kampfjet, ein Überwachungs- und Aufklärungsflugzeug sowie ein Hubschrauber, wie die nigerianische Luftwaffe mitteilte. Ghana schickte ebenfalls 200 Soldaten. Der gambische Generalstabschef Ousman Badjie sagte, er habe seinen Truppen keinen Befehl zur Gegenwehr gegeben, sollten afrikanische Nachbarländer eingreifen. "Das ist ein politischer Streit", betonte Badjie.

Jammeh, dessen Amtszeit am Mittwoch um Mitternacht endete, hatte kurz zuvor den Ausnahmezustand verhängt. Das Parlament stimmte zu. Er begründete die Maßnahme im Staatsfernsehen mit einer "beispiellosen und außergewöhnlichen ausländischen Einmischung" in die Präsidentschaftswahl vom 1. Dezember.

Friedliche Amtsübernahme fraglich

Ould Abdel Aziz traf nach seiner Vermittlungsmission in Banjul kurz vor Mitternacht in Dakar ein. Dort wollte der mauretanische Präsident den gambischen Wahlsieger Adama Barrow, der am Donnerstag ins Präsidentenamt eingeführt werden sollte, und seinen senegalesischen Kollegen Sall treffen. Dem mauretanischen Staatsfernsehen GRTS zufolge hatte sich Ould Abdel Aziz nach seinem Treffen mit Jammeh ermutigt gezeigt, eine friedliche Lösung zu erzielen. Mauretanien gehört nicht der ECOWAS an und tritt in dem Konflikt als neutraler Vermittler auf. "Unser Lösungsvorschlag ist unabhängig von allen anderen", sagte ein ranghoher mauretanischer Diplomat.

Der UNO-Sicherheitsrat wollte am Donnerstag eine Erklärung zur Lage in Gambia abgeben, in der Jammeh zur Machtübergabe aufgefordert werde, wie Diplomaten sagten. Die US-Regierung forderte den 51-jährigen Gambier am Mittwoch zu einer "friedlichen Amtsübergabe" auf. US-Außenamtssprecher John Kirby sagte, noch könne Jammeh sein Amt "erhobenen Hauptes" verlassen und politisches Chaos vermeiden. Marokko bot Jammeh Asyl an, sollte er sein Amt aufgeben und das Land verlassen.

Bei der Wahl hatte Jammeh gegen den Oppositionellen Barrow verloren und dies zunächst auch anerkannt. Eine Woche später verlangte er aber plötzlich eine Wiederholung der Wahl und reichte beim Obersten Gericht eine Klage gegen das Wahlergebnis ein. James Gomez, ein Mitglied der gambischen Koalition, die Barrow unterstützt, versicherte, anlässlich der Vereidigung werde es eine "große Zeremonie" geben. Der Ort der Veranstaltung liege "in den Händen der Ecowas".

26.000 außer Landes geflohen

Am Mittwoch trat Jammehs Stellvertreterin Isatou Njie Saidy von ihrem Posten zurück, zuvor hatten bereits mehrere Minister ihren Rücktritt erklärt. Unterdessen wuchs die Zahl der Gambier, die in Richtung Senegal, Guinea-Bissau und Guinea außer Landes flohen. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk bezifferte die Zahl der Flüchtlinge mit 26.000. Jammeh regiert den kleinen Staat seit 22 Jahren autokratisch. Er hatte sich 1994 an die Macht geputscht und wurde seitdem stets wiedergewählt. Nichtregierungsorganisationen werfen der Regierung unter Jammeh schwere Menschenrechtsverletzungen vor, darunter willkürliche Inhaftierungen und die Einschüchterung von Journalisten. Mit Barrow hatte die Opposition erstmals einen gemeinsamen Kandidaten aufgestellt.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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