Weniger Asylanträge, mehr Entscheidungen – aber noch immer ein Problem mit Rückführungen und Abschiebungen. Österreichs Asylbehörde zieht über das Jahr 2016 Bilanz.
Wien. Das Jahr 2016 kann man aus zwei Blickwinkeln betrachten. Einerseits brachte es eine deutliche Entlastung bei der Anzahl an Menschen, die um Schutz ansuchten: 42.073 Asylanträge wurden im Vorjahr gestellt. Zum Vergleich: 2015 waren es 88.912. Das ist immerhin ein Minus von rund 52 Prozent.
Andererseits ist die Zahl an Asylanträgen noch immer hoch – im europäischen Vergleich, aber auch was die vergangenen Jahre in Österreich betrifft.
Vor allem aber machte sich 2016 die Personalaufstockung im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bemerkbar – also jener Behörde, die in erster Instanz über einen positiven oder negativen Asylbescheid entscheidet: Knapp 400 neue Mitarbeiter wurden im Vorjahr eingestellt. Insgesamt fällte das Asylamt rund 57.400 Entscheidungen – das sind um 57 Prozent mehr als 2015.
Knapp die Hälfte dieser Entscheidungen (48 Prozent) gingen für den Antragsteller positiv aus: Er erhielt also entweder Asyl für die kommenden drei Jahre, oder subsidiären Schutz (vereinfacht formuliert eine abgeschwächte Form des Asyls). Der Großteil der übrigen 52 Prozent muss (laut erster Instanz) Österreich verlassen.
Fokus Rückkehrberatung
So weit zur Theorie. Denn in der Praxis gibt es noch immer große Probleme, Menschen außer Landes zu bringen: Von den 10.677 Ausreisen im Vorjahr fanden rund 5797 freiwillig statt. Die restlichen 4880 mussten zwangsweise abgeschoben werden.
Wolfgang Taucher, Direktor des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, will daher im kommenden Jahr zwei Schwerpunkte setzen. Zum einen will er die freiwillige Rückkehr stärker forcieren. Derzeit können sich Menschen sowohl an die Caritas als auch an den Verein Menschenrechte Österreich wenden, wenn sie – aus verschiedensten Gründen – wieder in ihre Heimat zurückkehren wollen. Diese beiden Organisationen sollen für die Rückkehrberatungen in Zukunft mehr Budget zur Verfügung gestellt bekommen. Auch eine Erhöhung der Rückkehrhilfe für die betroffenen Personen ist nicht ausgeschlossen. Derzeit beträgt dieses Startgeld 370 Euro.
Das führt nun zu dem zweiten Schwerpunkt der Asylbehörde: Taucher will sich auch auf Rückführungen nach Afghanistan konzentrieren. Ein Pilotprojekt läuft bereits: Afghanen können wie Bürger einiger anderer Staaten wie Nigeria auf höhere Fördergelder bei freiwilliger Rückkehr zurückgreifen. Sie erhalten bis zu 500 Euro. Und: Für Mitte des Jahres ist eine Fact-Finding-Reise nach Afghanistan geplant, um bessere Informationen über die Lage im Krisenstaat zu erhalten. Der Grund für diesen Fokus liegt auf der Hand: 11.742 Menschen aus Afghanistan suchten im Vorjahr um Asyl an – damit sind sie noch vor den Syrern (8845) die stärkste Gruppe. Auf Platz drei folgen mit 2837 Anträgen die Iraker. Seit Oktober gibt es zumindest ein erstes Abkommen zwischen EU und Afghanistan, das Rückführungen erleichtern soll. Gleichzeitig habe sich das Land bereit erklärt, straffällig gewordene Flüchtlinge zurückzunehmen.
Problem mit Dublin-Verfahren
Abseits der außereuropäischen Abschiebungen bleibt auch das Problem der Außerlandesbringung von sogenannten Dublin-Verfahren: also jenen Fällen, für die eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig ist. Im Vorjahr gab es 21.000 Konsultationsverfahren mit anderen Staaten, aber nur 2582 Überstellungen. Mit welchen Ländern es nicht so gut läuft, wollte Taucher am Donnerstag nicht sagen. Es ergibt sich aber ohnehin aus den Zahlen, die das Asylamt veröffentlichte: Bei den fünf Top-Nationen, die wegen eines Verfahrens konsultiert werden, steht Ungarn zwar an der Spitze. Das Nachbarland befindet sich aber nicht im vorderen Feld jener Staaten, die Flüchtlinge letztlich auch zurückgenommen haben.
Eine Neuerung folgt im März: Dann sollen Dublin-Rückführungen nach Griechenland wieder schrittweise möglich sein. (ib)
(APA)