Kerns Diplomarbeit: Plagiatsjäger streitet Auftrag der ÖVP ab

(c) Clemens Fabry
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Unbekannte ließen die Diplomarbeit des Bundeskanzlers prüfen. Nachdem die SPÖ die ÖVP dahinter vermmutete, kommt von Plagiatsjäger Weber ein "Nein".

Plagiatsexperte Stefan Weber hatte die Diplomarbeit von Kanzler Christian Kern (SPÖ) zur Prüfung am Tisch, sie ist blitzsauber. Dass nicht bekannt ist, wer sie prüfen ließ, sorgte am Samstag für einen koalitionären Disput. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer dachte in einer Aussendung laut an die ÖVP. Deren Generalsekretär lehnte Dirty Campaigning strikt ab und sagte Recherchen auch in der Partei zu.

Weber selbst teilte nun in einer Stellungnahme per E-Mail mit, dass die ÖVP hat ihm "keinen Auftrag erteilt habe, die Diplomarbeit von Herrn Mag. Kern zu überprüfen". Wer ihn beauftragt hat, verriet er nicht. Bei Auftragsprüfungen werde immer eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben, die Informationen an Dritte ausschließe.

Weber ist der Plagiatsspezialist im deutschen Sprachraum. Nach seinem kritischen Gutachten zur Dissertation des steirischen VP-Landesrats Christian Buchmann wird die Uni Graz in den nächsten Wochen über die Aberkennung seines Doktortitels entscheiden. Bei Kerns 1997 am Publizistik-Institut der Uni Wien verfassten Diplomarbeit "Media Monitoring: die innenpolitische Berichterstattung der österreichischen Tages-und Wochenzeitungen 1993" fand er - so die "Tiroler Tageszeitung" vom Samstag - keinen Grund zur Beanstandung.

Amon: Null Tolerance für Dirty Campagning

Dass aber jemand rund um Kerns Wechsels ins Kanzleramt "aktiv nach Material für eine Schmutzkübelkampagne" suchte, "irritierte" SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler - und er fand es "auffällig, dass die ÖVP erst vor kurzem sehr ähnliche Vorwürfe in unsere Richtung geäußert hat. Es stellt sich die berechtigte Frage, ob die ÖVP mit ihren Vorwürfen, die jeder Grundlage entbehren, von ihren eigenen Schmutzkübel-Recherchen ablenken will". Er wolle freilich niemanden haltlos beschuldigen, beteuerte er, und forderte von ÖVP-Generalsekretär Werner Amon eine Erklärung ein, dass nicht dessen Partei hinter dem gescheiterten Dirty-Campaigning-Versuch steht.

Dieser antwortete prompt: "Die ÖVP hat mit Schmutzkübelkampagnen gegenüber dem Bundeskanzler nichts am Hut", betonte er ebenso in einer Aussendung. Die ÖVP lehne Dirty Campaigning zur Gänze ab, "daher gilt das Null-Toleranz-Prinzip sowohl gegenüber politischen Mitbewerbern als auch für die eigenen Funktionäre und Mitarbeiter". Deshalb werde er "sicherheitshalber auch in den eigenen Reihen" Recherchen anstellen. Niedermühlbichler ersuchte er "um konkrete Hinweise, die belegen, was der SPÖ-Bundesgeschäftsführer in den Raum stellt" - um den Verdacht restlos aus der Welt schaffen zu können.

(APA)

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