Wie Trump Europas Rechte anspornt

"Familienfoto" in Koblenz
"Familienfoto" in Koblenz(c) APA/AFP/ROBERTO PFEIL
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Die Allianz der Rechtspopulisten fühlt sich stark wie lange nicht. Bei einem Treffen in Deutschland stimmten sich Parteien wie der Front National und die FPÖ auf ein Jahr ein, in dem sie Europa grundlegend verändern wollen. Donald Trump dient ihnen als Vorbild.

Der Oberbürgermeister von Koblenz, ein Sozialdemokrat namens Joachim Hofmann-Göttig, war über den Besuch, der sich für Samstag in der Stadt im nördlichen Rheinland-Pfalz angekündigt hatte, nicht sonderlich erfreut. „Die Rechtspopulisten“, sagte er, „sind uns herzlich unwillkommen.“

Dementsprechend unherzlich war dann der Empfang für Europas Rechtsparteien, die sich – mit 1000 Personen – am Vormittag zu einem Kongress in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle versammelten. Veranstalter war die EU-Parlamentsfraktion Europa der Freiheit und der Nationen (ENF). Ein Großaufgebot an Polizisten achtete auf einige Tausend Gegendemonstranten, unter die sich auch Vizekanzler Sigmar Gabriel und die österreichische Grünen-Politikerin Ulrike Lunacek gemischt hatten.

Im Vorfeld waren Medien wie ARD, ZDF und Spiegel wegen angeblich gefärbter Berichterstattung von den Reden ausgeschlossen worden. Womit die Veranstalter ihr Ziel, nämlich maximale Aufmerksamkeit, wieder einmal erreicht hatten. Dass es ein medienrechtliches Nachspiel vor Gericht geben könnte, kümmert sie nicht. Europas Rechte ist selbstbewusst wie lange nicht. Die Krise der EU, die mit dem Brexit einen neuen Höhepunkt erreicht hat, und die Flüchtlingsbewegung haben ihr Auftrieb verliehen. Spätestens seit der US-Wahl im November wähnt sie sich endgültig auf der Siegesstraße.

Es war vermutlich kein Zufall, dass der Kongress ausgerechnet am Tag nach Donald Trumps Inauguration stattfand. Der neue US-Präsident ist für die europäischen Rechtsparteien Symptom und Ansporn zugleich. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ließ sich in Koblenz entschuldigen, weil er sich die Amtseinführung in Washington nicht entgehen lassen wollte. Seine Vertretung, der EU-Abgeordnete Harald Vilimsky, nennt Trump einen „Mosaikstein der globalen Veränderung“.

Die nächsten Mosaiksteine sollen heuer in Europa gelegt werden. In den Niederlanden hofft Geert Wilders' Freiheitspartei auf den Sieg bei der Parlamentswahl. In Frankreich rechnet sich Marine Le Pen vom Front National Chancen auf das Präsidentenamt aus. Und in Deutschland wird die AfD in den Bundestag einziehen. „Wir erleben das Ende der Welt und die Geburt einer neuen“, sagte Le Pen bei ihrer Deutschland-Premiere am Samstag. Es war außerdem der erste Auftritt an der Seite von AfD-Chefin Frauke Petry. Auch Wilders beschwor die Rechtsallianz, nachdem er Trump gratuliert hatte: „Wir werden unsere Länder zurückholen.“

Die verbindenden Elemente zwischen den EFN-Parteien, die sich in ihrer (wirtschaftspolitischen) Programmatik teilweise stark voneinander unterscheiden, sind Islamophobie und eine Abneigung gegen die EU, die sie ironischerweise im EU-Parlament ausleben. Wobei es Abstufungen gibt. Le Pen hat den Franzosen ein Austrittsreferendum versprochen. Die FPÖ dagegen, die in der politischen Mitte salonfähig werden möchte, wünscht sich den Nationalstaat nur teilweise zurück. „Wir wollen die zentralistische EU nicht verlassen, sondern reformieren“, erklärt Vilimsky.

Der neue US-Präsident könnte da zum Vorbild werden. „America first“ entspricht dem freiheitlichen „Österreich zuerst“. Vilimsky hält es für richtig, dass Trump versucht, Arbeitsplätze – etwa in der Autoindustrie – zurückzuholen. Außerdem kamen „die Worte der Verständigung in Richtung Russland“ bei den Freiheitlichen gut an. „Wir haben die Hoffnung, dass dieser bipolare Konflikt nun ein Ende findet.“ Auch das, eine Schwäche für Russland, eint die europäischen Rechtsparteien.

Zweifelhafte Töne. Am stärksten fühlt sich die FPÖ der AfD verbunden. Der Nachbarschaft und der Sprache wegen, wie Vilimsky sagt: „Das ermöglicht eine Kommunikation, in der auch die Zwischentöne verstanden werden.“ Allerdings sind aus beiden Parteien mitunter auch Töne zu hören, die über die rechtspopulistische Klaviatur hinausgehen. Das jüngste Beispiel ist Björn Höcke, AfD-Chef in Thüringen. Bei einer Veranstaltung am Dienstag in Dresden ließ er sich über Deutschlands „dämliche Bewältigungspolitik“ aus, und zwar am Beispiel des Holocaust-Mahnmals in Berlin: Anstatt sich an historischen Größen – Philosophen, Musikern, Entdeckern – zu orientieren, hätten sich die Deutschen „ein Denkmal der Schande in das Herz ihrer Hauptstadt gepflanzt“.

Die Empörung war groß. Die Linkspartei erstattete Anzeige wegen Volksverhetzung. Auch Petry distanzierte sich von Höcke. Wobei ihr das nicht ungelegen kam: Der karenzierte Lehrer ist einer ihrer Gegenspieler in der Partei. Hinterher behauptete Höcke, er sei absichtlich falsch interpretiert worden. In Wahrheit habe er den Holocaust „als Schande für unser Volk“ bezeichnet.

Für Vilimsky, wie Strache ein Petry-Anhänger, sind Höckes Aussagen „untragbar“. In der FPÖ hätte so jemand keinen Platz. Man wird sie bei der nächsten Gelegenheit daran erinnern. ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2017)

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