Ein Politologe erforscht, wie der Kreml Parteien des äußerst rechten Spektrums für seine Zwecke einspannt. Die Rolle der FPÖ wird dabei wichtiger.
Seit Jahren schon schickt die FPÖ regelmäßig hochrangige Delegationen nach Russland – nur werden diese dort nie von höher- und höchstrangigen Gastgebern empfangen (außer man zählt den tschetschenischen Tyrannen Ramsan Kadyrow zu dieser Kategorie). Aber das könnte sich ändern, glaubt Anton Shekhovtsov, ein ukrainischstämmiger Politologe, der derzeit am Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) forscht und gerade ein Buch über die Beziehungen Russlands zu den europäischen Rechts-außen-Parteien fertigstellt.
Shekhovtsov sieht in den Wahlerfolgen Norbert Hofers bei der Präsidentschaftswahl 2016 einen Wendepunkt. Danach kam es zur Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen der FPÖ und der Regierungspartei Einiges Russland in Moskau, um den sich die FPÖ zuvor jahrelang vergeblich bemüht habe, sagte Shekhovtsov am Mittwochabend bei einem Vortrag im IWM in Wien. Russlands starker Mann Wladimir Putin sei bisher zufrieden mit den Beziehungen zu den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP gewesen, die bei der Herstellung von Kontakten der russischen Geschäftswelt zu österreichischen Partnern stets hilfreich waren. Deshalb auch habe Putin die beiden Regierungsparteien durch Aufwertung der FPÖ nicht kompromittieren wollen.
Freiwillige Loblieder
Jetzt aber seien SPÖ und ÖVP im Niedergang, die Freiheitlichen dagegen im Aufwind – warum also mit ihnen keinen Kooperationsvertrag, in dem ausdrücklich von „gegenseitig vorteilhafter geschäftlicher Kooperation“ die Rede sei.
Es sei keinesfalls so, dass Putins Russland die Rechts-außen-Parteien in Europa sponsere. Dass die meisten dieser Parteien ein Loblied auf Putin und auf Russland anstimmten, erfolge aus freien Stücken. In vielen Fragen – Antiamerikanismus (kann sich unter Donald Trump freilich ändern), Gegnerschaft zur EU, Antiliberalismus – gebe es Übereinstimmung und die Rechts-außen-Parteien seien stolz, sich dem eigenen Publikum mit dem starken Partner Russland an der Seite präsentieren zu können.
Die – zumeist verdeckte – Zusammenarbeit zwischen Moskau und dem rechtsextremen Lager reicht Shekhovtsov zufolge bis in die 1920er-Jahre zurück. Offen wurde die Kooperation dann in den 1990er-Jahren mit den Rechts-Außen Alexander Dugin, Wladimir Schirinowskij und Sergej Glasjew als russische Ansprechpartner.
Nach den Farbrevolutionen (Georgien 2003, Ukraine 2004, Kirgisistan 2005) begann der Kreml, rechte westeuropäische Akteure für Wahlbeobachtungsmissionen nach seinem Sinn einzuspannen. Die Niederlage an der Meinungsfront trotz eines siegreichen Feldzugs gegen Georgien im August 2008 wiederum gab den Ausschlag, die westliche Öffentlichkeit mittels eigener Propagandasender im Sinn Moskaus zu bearbeiten. Auch dabei waren Rechts-außen-Politiker und -publizisten für den Kreml äußerst hilfreich. (b.b.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2017)