Der Abschied der Sonja Wehsely

Stadträtin Sonja Wehsely schied nun aus der Stadtregierung aus.
Stadträtin Sonja Wehsely schied nun aus der Stadtregierung aus.APA/HERBERT PFARRHOFER
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Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely hielt ihre Abschiedsrede während Stadträtin Sandra Frauenberger und Neo-Stadtrat Jürgen Czernohorszky noch zittern mussten.

Wien. Es war die letzte Hürde für Michael Häupls Personalpaket: Nachdem im SPÖ-Parteivorstand am Montag das Personalpaket des Wiener Bürgermeisters einstimmig abgesegnet wurde (wenn auch nach heftigsten internen Diskussionen), mussten sich die neuen Stadträte am Donnerstag dem Votum im Gemeinderat stellen.

Nach dem einstimmigen SPÖ-Beschluss wurde im Vorfeld der Abstimmung im Wiener Gemeinderat kein Aufstand der parteiinternen Kritiker erwartet – auch, weil Vertreter dieses Flügels zuvor erklärt hatten: Es werde keinen Widerstand gegen Häupls Personalpaket im Gemeinderat geben.

Ein offener Schlagabtausch

Zu Redaktionsschluss war die Abstimmung noch im Gange. Denn die Wahl der neuen Stadträte hatte sich in die Abendstunden verschoben. Der Grund: Eine angesetzte Debatte über die Performance der scheidenden Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely und ihrer Nachfolgerin, der bisherigen Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger, wuchs sich zu einem stundenlangen Redemarathon mit einem Schlagabtausch zwischen der rot-grünen Stadtregierung und der blau-schwarz-pinken Opposition aus.

Die Abstimmung dürfte den künftigen Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky weniger beunruhigt haben als Frauenberger. Immerhin hatten Teile der Opposition bereits vor der Sitzung erklärt, sie würden für Czernohorszky als neuen Bildungsstadtrat stimmen. Womit die Bestellung der roten Zukunftshoffnung, die Rückhalt in allen SPÖ-Flügeln besitzt, als fix galt. Dagegen musste sich die bisherige Bildungsstadträtin, Sandra Frauenberger, die als Nachfolgerin von Sonja Wehsely ins Gesundheitsressort wechselt, auf die 54 rot-grünen Stimmen verlassen – hatte die Opposition doch angekündigt, ihr die Zustimmung wegen diverser Probleme im Bildungsressort zu verweigern (Stichwort: Kindergärten). In SP-Kreisen war allerdings zu hören: Frauenberger, die mindestens 51 Stimmen für ihre Wahl benötigt, werde diese auch bekommen.

Vor der entscheidenden Abstimmung hatte die bisherige Gesundheits- und Sozialstadträtin, Sonja Wehsely, im Gemeinderat offiziell von der Wiener Stadtregierung Abschied genommen. Vor vollem Haus verteidigte sie in ihrer Abschiedsrede noch einmal die unter ihrer Ägide eingeleiteten Veränderungen und erhoffte sich „im Sinne der Stadt, dass auch in Zukunft nicht immer der bequeme Weg“ gegangen werde: „Ich habe der Stadtverwaltung und den Mitarbeitern einiges an Veränderung abverlangt. Das war nicht immer einfach und nicht ohne Widerstand, aber es war in dieser Stadt vorher so auch nicht üblich“, resümierte die scheidende Ressortchefin. Sie räumte ein, sich dadurch nicht immer beliebt gemacht zu haben. „Über Haltungsnoten kann man immer diskutieren. Und man kann auch darüber diskutieren, ob Frauen nicht anders benotet werden als Männer. Aber ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass die eingeleiteten Reformen richtig und alternativlos sind“, so Wehsely.

Die Stadträtin hatte – nach zehn Jahren Verantwortung für die Gesundheits- und Sozialagenden – vor zwei Wochen ihren Rücktritt bekannt gegeben. Die streitbare Rote wechselt in die Führungsriege der in Deutschland ansässigen Siemens Healthcare.

„Das hat mir viel bedeutet“

Dank richtete Wehsely (unter anderem) an Bürgermeister Michael Häupl: „Ich konnte mir immer deiner Rückendeckung sicher sein, und das hat mir viel bedeutet.“ Erwähnung fanden auch drei maßgebliche Frauen in Wehselys Politleben: Brigitte Ederer, die sie mit 14 Jahren in die Sozialistische Jugend geholt habe, Finanzstadträtin Renate Brauner, die sie 1996 in den Gemeinderat gebracht habe, und die frühere SPÖ-Vizebürgermeisterin Grete Laska: „Ohne sie wäre ich nie Stadträtin geworden.“ In ihrer Abschiedsrede formulierte Wehsely drei Wünsche an die Stadtregierung: Sie möge Vielfalt und ein gewisses Maß an Entspanntheit, trotz globaler Unsicherheiten und Krisen, zulassen. Und Mut, „Altbewährtes zu behalten und Überkommenes tabulos zu verändern“. Zum Abschied gab es Beifall, Blumen und Küsschen. Exklusiv von Mitgliedern der rot-grünen Regierungsparteien. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2017)

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