In den Fängen der Diktatur

Kurz und perspektivenreich: Julian Barnes' ausgezeichneter Schostakowitsch-Roman.

Wer war Dmitri Schostakowitsch, dessen Geburtstag sich vergangenen September zum 110.Mal jährte, wirklich? Ein verschlagener Opportunist?Ein zumindest in der Öffentlichkeit unsicherer, sich vor der Allmacht des Staates fürchtender Bürger? Ein die freie Liebe nicht nur propagierender, sondern sie auch praktisch vorlebender bürgerlicher Revolutionär? All das trifft auf den prominentesten sowjetischen Komponisten des vorigen Jahrhunderts zu. Daran lässt Julian Barnes' in Romanform gegossene, nun in deutscher Übersetzung vorliegende Biografie keine Zweifel. Auch sprachlich ein Meisterwerk.

Der mit zahlreichen Preisen geehrte englische Literat packt in weniger als 250 Seiten, wofür Biografen meist einen dickleibigen Band benötigen. Zudem nutzt er den knappen Platz, um die vielseitigen Facetten des Komponisten auch noch kenntnisreich zu kommentieren. Stets gestützt auf die immer noch zahlreiche Fragen offenlassende Schostakowitsch-Literatur. Diese steht immer wieder vor dem Problem, wie sie Schostakowitschs Äußerungen bewerten soll. Mehrfach war er, wie er selbst zugab, gezwungen, Dinge zu behaupten und Einschätzungen zum Besten zu geben, an die er nicht im Mindesten glaubte, die aber der offiziellen Parteilinie entsprachen.

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