Kanada: Bestürzung nach Angriff auf Moschee

Die Polizei sperrte das Gebiet nach dem Anschlag auf das Islamische Kulturzentrum ab. Zwei Verdächtige wurden festgenommen.
Die Polizei sperrte das Gebiet nach dem Anschlag auf das Islamische Kulturzentrum ab. Zwei Verdächtige wurden festgenommen.(c) APA/AFP/ALICE CHICHE
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Sechs Menschen wurden in Québec bei einem Attentat auf ein muslimisches Gotteshaus getötet. Die kanadische Polizei nahm zunächst einen Verdächtigen fest.

Ottawa. Ein tödlicher Anschlag auf eine Moschee in der kanadischen Stadt Québec hat landesweit Entsetzen ausgelöst. Premierminister Justin Trudeau verurteilte am Montag das Attentat, bei dem sechs Menschen getötet und mindestens acht verletzt worden waren, als „terroristischen Akt auf Muslime an einem Ort des Gebets“. Die genauen Hintergründe der Bluttat blieben vorerst unklar.

„Wir sind in einem Schockzustand. Mir fehlen die Worte es zu beschreiben.“ Mohamed Yangui, Präsident der Moschee in Sainte-Foy, einem Stadtteil von Québec-City, bemühte sich um Fassung, nachdem er von dem tödlichen Anschlag auf die Gebetsräume im Centre Culturel Islamique de Québec unmittelbar nach den Abendgebeten erfahren hatte. „Wir haben eine sehr gute Beziehung zu unseren Nachbarn und der Gemeinde. Es herrscht gegenseitiger Respekt – und heute haben wir dieses dramatische Ereignis.“ Zwar hatte es 2016 eine zynische Attacke auf diese Moschee gegeben, als Unbekannte vor einer der Türen einen Schweinekopf mit der Notiz „Bon appétit“ gelegt hatten. Akute Bedrohungen habe es jedoch nicht gegeben.

Kanadischer Student verhaftet

Nach einer Verfolgungsjagd nahm die Polizei am Montagabend einen Verdächtigen fest. Es soll sich um einen kanadischen Studenten handeln. Zunächst waren die Sicherheitskräfte noch von zwei Attentätern ausgegangen. Eine zweite Person mit marokkanischen Wurzeln, die zunächst festgehalten wurde, werde nur als Zeuge des Attentats befragt, meldeten die Behörden aber später.

Der Anschlag auf die Moschee hatte bereits am Sonntagabend stattgefunden. Etwa um 19.30 Uhr betrat der Attentäter das muslimische Gotteshaus. Zeugen hatten zunächst noch von zwei Angreifern gesprochen. Ein Zeuge berichtete auch, dass „Allahu akbar“ gerufen worden sei.

Wie die Polizei mitteilte, hielten sich zum Zeitpunkt des Attentats etwas mehr als 50 Menschen in der Moschee auf. 39 entkamen unverletzt. Einige der Verletzten wurden in den Stunden nach dem Angriff in kritischem Zustand in Krankenhäusern von Québec behandelt. Die Opfer sind zwischen 35 und 70 Jahre alt. Der Anschlag trifft ein Land, das sich des friedlichen Mit- und Nebeneinanders verschiedenster Kulturen rühmt und Multikulturalismus als Verfassungsprinzip festgeschrieben hat – wenngleich auch Kanada politisch und religiös motivierte Straftaten kennt. Aber Kanada hält am Leitbild der ethnischen Vielfalt und Toleranz fest.

Kritik an Trumps Politik

Dies zeigt sich besonders in diesen Tagen angesichts der Umwälzungen in den USA und der Politik von US-Präsident Donald Trump. Dessen Einreisestopp für Personen aus mehreren überwiegend muslimischen Staaten stößt in Kanada auf breite Ablehnung. Trudeau setzte am Wochenende ein Signal, als er im Kurznachrichtendienst Twitter Flüchtlinge in Kanada willkommen hieß. Unter dem Hashtag #WelcomeToCanada schrieb Trudeau „an jene, die Verfolgung, Terror und Krieg entfliehen, Kanadier werden euch willkommen heißen, unabhängig von eurem Glauben. Vielfalt ist unsere Stärke.“

Wenige Stunden nach dem Anschlag erklärte er: „Muslimische Kanadier sind ein wichtiger Teil unserer nationalen Struktur. Diese sinnlosen Akte haben in unseren Gemeinden, Städten und unserem Land keinen Platz.“ Ähnlich äußerte sich der Québecer Regierungschef Philippe Couillard. „Wir sind mit euch. Ihr seid zu Hause. Ihr seid in Québec willkommen.“
Vorerst ließen die kanadischen Behörden viele Fragen unbeantwortet, vor allem nach den Hintergründen der Tat: Handelt es sich um einen Terrorangriff Außenstehender gegen Muslime, oder möglicherweise um einen Racheakt innerhalb der muslimischen Gemeinde? Alles sei möglich, solange man nichts Genaues über das Motiv wisse, meinte am Montag ein Beobachter. Québecs Regierungschef Couillard appellierte jedenfalls am Montag an seine Mitbürger, zusammenzuhalten. „Wir sind alle Québecer“, sagte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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