Trumps Apokalyptiker im Oval Office

Der nationale Sicherheitsberater Mike Flynn (Mitte) und Sonderberater Stephen Bannon während Präsident Trumps Telefonat mit Russlands Präsident Putin.
Der nationale Sicherheitsberater Mike Flynn (Mitte) und Sonderberater Stephen Bannon während Präsident Trumps Telefonat mit Russlands Präsident Putin.(c) imago/ZUMA Press
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Das Einreiseverbot für Millionen Muslime ist der erste Streich des reaktionären Provokateurs Steve Bannon. Der Consigliere des Präsidenten zieht nun im Nationalen Sicherheitsrat die Fäden.

Washington.  Donald Trumps Erlass, wonach praktisch sämtliche rund 220 Millionen Bürger der überwiegend muslimischen Staaten Iran, Irak, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien für zumindest drei Monate nicht in die USA einreisen dürfen, sorgt trotz mehrfacher Erklärungsversuche der Entourage des US-Präsidenten für Chaos im eigenen Land und in Übersee.

Am Montag brüskierte die US-Botschaft in London den britischen Außenminister Boris Johnson, der am Wochenende nach einem Telefonat mit Trumps Schwiegersohn und Sonderberater Jared Kushner noch verkündet hatte, britische Doppelstaatsbürger hätten bei der Einreise in die USA keine „extra Prüfungen zu erwarten, unabhängig von ihrer Nationalität oder ihres Geburtsortes“. Das stimme nicht, teilte die Botschaft allen Inhabern von Reisepässen dieser sieben Länder mit.

Trump und sein Mitarbeiterstab im Weißen Haus geben sich vorerst von den spontanen Massenprotesten an vielen US-Flughäfen gegen diesen Einreisebann, der letztlich vor allem Muslime trifft, unbeeindruckt. Der Bann funktioniere prächtig, erklärte Trump: „Eine Menge böser Typen sind da draußen!“

Israelische Juden betroffen

Trumps Einreiseverbot sorgt auch in Israel für Verwirrung. Rund 145.000 israelische Juden sind in diesen sieben Staaten geboren, darunter etwa 54.000 im Irak und 45.000 im Iran. Jerusalem ersuchte Washington um Klärung, berichtete CNN. Darüber können Israels Premier Benjamin Netanjahu und Trump dann persönlich am 15. Februar reden. An diesem Tag wird Netanjahu den US-Präsidenten im Weißen Haus treffen, gab Trumps Sprecher Sean Spicer am Montag in Washington bekannt.

Ein enger Vertrauter des US-Präsidenten – der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani – plauderte am Freitagabend auf „Fox News“ aus, dass ihm Trump schon vor Monaten gesagt habe, er wolle ein „Moslemeinreiseverbot“. Giulianis Rolle bei der Verfassung von Trumps Erlass ist unklar, und nach den einstweiligen Verfügungen von vier Richtern in unabhängigen Verfahren ist die Rechtmäßigkeit höchst fraglich. Klar ist jedoch, wer hinter der Politik einer Konfrontation nicht bloß mit jihadistischen Gruppen, sondern dem Islam generell steht: Steve Bannon, der 62-jährige Sonderberater des neuen Präsidenten und frühere Herausgeber der rechtspopulistischen Website „Breitbart News“.

Bannon: „Ich bin ein Leninist“

Bannon, der sich nach einer Karriere als Investmentbanker bei Goldman Sachs und in Hollywood seit einigen Jahren in Washington als reaktionärer Provokateur in schlabbrigen Jeans und speckigen Jacken inszeniert, hat während des republikanischen Vorwahlkampfes das Vertrauen Trumps errungen und steuert dessen populistisch-nationalistische Kampagne.

Bannons Hass auf den Islam rührt aus seiner Zeit als Marineoffizier im Persischen Golf während der iranischen Geiselkrise 1979/1980. Er hasst auch Amerikas politische und kulturelle Eliten, und er tut seine apokalyptisch-destruktive Weltsicht ungeniert kund: „Ich bin ein Leninist“, sagte er im Jahr 2013 dem Onlinemagazin „The Daily Beast“, und er begründete seine Bewunderung für den Ahnvater der UdSSR so: „Lenin wollte den Staat zerstören, und das ist auch mein Ziel. Ich will alles zusammenbrechen lassen und das gesamte Establishment zerstören.“ Nach Trumps Wahlsieg sagte Bannon zum „Hollywood Reporter“: „Finsternis ist gut. Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht.“

Seit dem Wochenende sitzt Bannon im Zentrum derselben. Trump machte ihn zum ständigen Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates – und entfernte den Generalstabschef der US-Streitkräfte sowie den obersten Geheimdienstdirektor, die nur mehr anlassbezogen zu den Sitzungen dieses wichtigsten sicherheitspolitischen Beratungsgremiums geladen werden.

Staat Washington will klagen

Als erster US-Bundesstaat hat unterdessen Washington eine Klage gegen Trumps Einwanderungserlass angekündigt. Justizminister Bob Ferguson sagte am Montag, ein Sieg vor dem Bundesgericht in Seattle würde das Dekret in den gesamten USA ungültig werden lassen. Die Klage werde von den Konzernen Amazon und Expedia unterstützt. Dazu hier mehr >>

Auf einen Blick

Donald Trump hat am Wochenende beschlossen, dass sein Sonderberater Steve Bannon nun an allen Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrates teilnehmen soll, der Generalstabschef der US-Streitkräfte und der oberste Geheimdienstdirektor der USA hingegen nur mehr fallweise.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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