Die Verhandlerpartei

Es ist ein Reflex, der in dieser Ausprägung nur in Teilen der ÖVP zu beobachten ist.

Da versucht Christian Kern, ein paar kleine Reformen und Wirtschaftsimpulse zu setzen. Während er noch vor Kurzem von neuen Steuern schwadronierte und sich als linker Messias von der SPÖ-Basis feiern ließ, einigte er sich mit der ÖVP nach mehrstündigem Beißen, Zwicken und Ultimaten auf ein paar Punkte, die vernünftig für das Land sind.

Was macht die ÖVP? Gratuliert Kern? Versucht konstruktiv, die Maßnahmen – gegen den Widerstand von Gewerkschaften und Sozialpartnern links wie rechts – umzusetzen? Natürlich nicht.

Im Gegenteil. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka und andere, die mangels sozialer Verträglichkeit nicht einmal an den Verhandlungen teilnehmen durften, reklamieren den Erfolg für die ÖVP und klopfen sich wie die Primaten auf die Brust. Lautstark wird verkündet, dass sich die ÖVP voll durchgesetzt habe. Das schadet vielleicht dem Kanzler! Vielleicht begehren sogar ein paar Genossen gegen ihn auf! Lieber ein paar Fortschritte für Österreich riskieren als ein Foul auslassen, so die goldene Lopatka-Regel. Diese Mischung aus Niedertracht und Kurzsichtigkeit macht Regierungsarbeit unmöglich.

Der Neuigkeitswert ist auch gering: Die ÖVP gewinnt zwar selten Wahlen, aber alle Verhandlungen. Daher sitzt sie auch seit 1986 in der Regierung – meist als quasiinstitutionelle Oppositionspartei zum SP-Kanzler. ÖVP stand einst für Österreichische Volkspartei. Nennen wir sie doch besser – bisher auch mangels Wahlvolk – Österreichische Verhandlerpartei.

E-Mails an:rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2017)

Mehr erfahren

Symbolbild: Geldtasche
Innenpolitik

Mitterlehner würde Mindestlohn über General-KV regeln

Sollten die Sozialpartner bei ihren Verhandlungen scheitern, werde die Regierung das Thema eigenständig lösen, betont der Wirtschaftsminister.
Symbolbild
Innenpolitik

Mindestlohn wird Härtetest für die Sozialpartner

Bis Ende Juni sollen sich die Sozialpartner auf einen Mindestlohn von 1500 Euro und flexiblere Arbeitszeiten einigen. Doch schon jetzt zeigt sich: die Fronten sind verhärtet.
Foglar: "Unsinn, dass Regierungspakt ÖVP-Programm ist"
Innenpolitik

Foglar: "Unsinn, dass Regierungspakt ÖVP-Programm ist"

Der ÖGB-Chef sieht positive Ansätze im neuen Regierungsprogramm, aber noch sei es "nur ein Papier".
Innenpolitik

Gemeinden wollen bei Umsetzung des Regierungspakts eingebunden werden

Für die Gemeinden dürften keine Mehrkosten entstehen, sagt Gemeindebund-Präsident Mödlhammer.
Innenpolitik

Regierungspakt: Welche Handschrift wo zu lesen ist

Es gab Kompromisse, aber auch Zugeständnisse an den jeweiligen Regierungspartner. Ein Überblick.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.