Familienunternehmen

Wirtschaft zwischen Alt und Jung

(c) imago/Mint Images
  • Drucken

»„Jede Generation sollte die Firma stärker hinterlassen, als sie sie vorgefunden hat.“«

Jürgen Kluge

Grundsätzlich ist die Nachfolge eines der heikelsten Thema, wenn es um Unternehmen geht. Und noch dazu, wenn es sich um Familienunternehmen handelt. „Es gibt zwei Kategorien der Übergabe bei Familienunternehmen“, erklärt Andrea Hagendorfer vom Gründerservice der Wirtschaftskammer Österreich. „Wird das Unternehmen familienintern übergeben, oder passiert eine Übergabe an jemand familienexternen – also wird es verkauft?“ Laut einer Untersuchung der KMU Forschung Austria im Auftrag der WKÖ (Details siehe Infobox) werden rund die Hälfte der Familienunternehmen auch familienintern übergeben. „Diese Art der Übergabe dauert auch länger“, so Hagendorfer. „Ein Familienmitglied steigt in den Betrieb ein und arbeitet oft mehrere Jahre lang mit. Offiziell ist noch immer ein anderes Familienmitglied aber Inhaber. Bei externen Übergaben läuft das komplett zeitgleich – der neue Eigentümer steigt in den Betrieb ein und ist sofort auch Eigentümer.“

Familienunternehen

Laut einer Untersuchung der KMU Forschung Austria im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich von 2013 sind 90 Prozent der Unternehmen im Land Familienunternehmen laut EU-Definition. Lässt man Ein-Personen-Unternehmen weg, machen die Familienunternehmen in Österreich noch immer 54 Prozent aus. Sie beschäftigen bundesweit 70 Prozent der Arbeitnehmer. Den Familienunternehmen sind laut Wirtschaftskammer Österreich 58 Prozent der Umsätze zuzurechnen.

Dass Familienunternehmen andere oder größere Probleme haben als Nicht-Familienunternehmen, glaubt Hagendorfer nicht. „Die Probleme sind nur anders gelagert.“ Vor allem die kommunikativen Faktoren spielen eine Rolle – die frühzeitige Einbindung des Nachfolgers in den Betrieb ist essentiell. „Außerdem sind die Gespräche auch mit Tabuthemen wie dem Tod verbunden.“ Bei Generationenkonflikten sei es daher oft ratsam, sich Hilfe von außen in Form einer Mediation zu holen. Auch die Definition des richtigen Zeitpunkts der Übergabe kann Konflikten vorbeugen. „Viele Übernehmer sammeln auch in anderen Betrieben einige Jahre Berufserfahrung. Wenn der Übergeber dann aber zu lange nicht vom Betrieb loslassen kann, kann es passieren, dass sich der Übernehmer woanders schon eine Karriere aufgebaut hat.“

"Das kann man nicht erzwingen"

Im Fall von Johannes Günthör, einem Landwirt aus Niederösterreich, ist genau das Nachfolgethema noch ungelöst. Er weiß noch nicht, ob eines seiner drei Kinder den Bauernhof übernehmen wird. Günthör betreibt eine kleine Landwirtschaft in Nöchling im Bezirk Melk. Zehn Kühe hält er hier, daneben Hühner, Schweine und Gänse. Zum Hof gehören 7,5 Hektar Nutzfläche, von denen der Großteil Grünland ist. Nur auf fünf Ar werden Gemüse, Kartoffeln und Futterrüben für den Eigenbedarf bzw. als Tierfutter angebaut. Den Hof hat der gelernte Tischler selbst 1991 von seinen Eltern übernommen. „Sie haben das alles unter großen Entbehrungen aufgebaut. Auf der Wiese stand gar nichts“, erzählt Günthör. Man spürt: Für den 58-Jährigen ist der Hof eine Herzensangelegenheit. Mit der Übernahme 1991 hat Johannes Günthör den Hof auf Biobauernhof umgestellt.

Johannes Günthör und seine Tochter Edeltraud bei der gemeinsamen Arbeit im Stall.
Johannes Günthör und seine Tochter Edeltraud bei der gemeinsamen Arbeit im Stall.privat

„Es wäre für uns natürlich schön, wenn eines der Kinder den Hof übernehmen könnte, aber das kann man nicht erzwingen“, sagt Günthör, der drei Kinder hat: Bernadette (33), Edeltraud (31) und Johannes (25). Tochter Edeltraud ist momentan die wahrscheinlichste Kandidatin für eine Hofübernahme. Auch sie hatte eigentlich lange andere Pläne für ihre Zukunft und wollte eine Karriere als Journalistin vorantreiben. Vor rund einem Jahr hat sie aber dann doch die Übernahme des elterlichen Betriebs in Betracht gezogen: „Ich überlege, den Hof zu übernehmen, weil ich die Arbeiten gerne mache und gerne in der Natur bin. Ein Stück weit ist es auch das frei und unabhängig sein in der Entscheidung, was ich wann mache.“

Mittlerweile überlegt Edeltraud, den Hof des Vaters doch zu übernehmen.
Mittlerweile überlegt Edeltraud, den Hof des Vaters doch zu übernehmen.privat

Falls der Hof doch nicht in die Hände eines seiner Kinder wandert, hat Günthör auch schon über Alternativen nachgedacht. „Es kann die Fläche zum Beispiel verpachtet werden. Die Frage ist nur, ob man das Haus und die Wirtschaftsgebäude ohne Landwirtschaft finanziell erhalten kann.“ Traurig wäre der 58-Jährige aber in jedem Fall, wenn der Hof nicht in der eigenen Familie bleibt. „Es wäre natürlich schade, wenn nach der zweiten Generation schon wieder Schluss wäre.“

"Dann sage ich: Das ist meins"

Das Klischee, wonach familiäre Zusammenarbeit in einem Unternehmen das familiäre Klima verschlechtert, kann die Scheibbserin Julia Hollaus nicht bestätigen. Im Gegenteil: das Verhältnis zu ihrer Mutter hat sich sogar verbessert. „Mit 15, 16 Jahren wollte ich nur ausziehen“, erinnert sich die heute 26-Jährige. Die Wende brachte ihre Selbstständigkeit. Sie betreibt seit 2011 im niederösterreichischen Petzenkirchen den Hundesalon „Pfotenoase“, vertreibt hochwertiges Tierfutter und verkauft und spinnt Wolle aus Hundehaaren. „Meine Eltern haben mich von Anfang an unterstützt, vor allem finanziell, weil ich bei ihnen wohnen durfte. Die ersten paar Jahre habe ich das Unternehmen komplett alleine geführt. Bis ich eines Tages Angina mit 39 Grad Fieber bekommen habe. Da hat sich meine Mama eine Woche Urlaub genommen, um mir zu helfen“, erinnert sie sich. Das ist jetzt 2,5 Jahre her. Von da an hat ihre Mutter immer mehr im Betrieb mitgeholfen. Mittlerweile ist sie in ihrem Hauptberuf in Altersteilzeit – und hat mehr Zeit für den Betrieb ihrer Tochter. „Sie steht oft um vier in der Früh auf, spinnt die Wolle und fährt dann um halb acht mit mir in den Betrieb. Wollespinnen kann sie mittlerweile auch besser als ich, obwohl ich sie angelernt habe.“

Für das Mutter-Tochter-Verhältnis war die gänzlich unentgeltliche Mitarbeit der Mutter in der Pfotenoase Gold wert. Mit Unterstützung ihrer Mutter hat Hollaus auch ein zweites Unternehmen, eine KG, gegründet, um den Tierfutterverkauf vorantreiben zu können. Die KG hat im Vorjahr einen Umsatz von rund 73.000 Euro abgeworfen, im Salon sind es etwa 25.000 Euro Umsatz.

Diskussionsbedarf gibt es zwischen Mutter und Tochter zwar auch, aber der hält sich laut Hollaus‘ Angaben in Grenzen. „Meine Mama will mich bei Investitionen oft beschützen, aber sie weiß, dass ich einen Dickschädel habe“, schmunzelt Hollaus. Das heißt aber nicht, dass Hollaus wichtige Entscheidungen nicht mit ihrer Mutter abspricht. „Es ist sicher auch nicht einfach für sie gewesen, zurückzustecken, weil es ja mein Betrieb ist und ich so viel jünger bin. Aber mittlerweile sieht sie, dass es gut läuft. Wenn sie sich zu viel einmischt, sage ich ihr: Das ist meins.“ So wie beim Ankauf der Spinne für das Wollespinnen aus Hundehaaren. Und das ist ja mittlerweile das Steckenpferd von Hollaus‘ Mutter.  

"Ich will nicht ins Waldviertel zurück"

Dass sie einmal das Unternehmen der Eltern übernehmen könnte, diese Möglichkeit hat Jasmin Haider-Stadler lange Zeit nicht in Betracht gezogen. Die gebürtige Waldviertlerin ist die Tochter von Monika und Johann Haider, die die erste Whiskydestillerie Österreichs im Waldviertel ins Leben gerufen haben. Mittlerweile – seit Anfang 2016 - ist Haider-Stadler gemeinsam mit ihrer Mutter Geschäftsführerin des Unternehmens, der Vater ist in Pension. Die Zusammenarbeit mit ihren Eltern im Betrieb funktioniert einwandfrei, wie Haider-Stadler erzählt. Dabei „habe ich immer gesagt, ich will nicht ins Waldviertel zurück“, schildert Jasmin Haider-Stadler, die mehrere Jahre in Wien Marketing und Kommunikation studierte und in einer PR-Agentur gearbeitet hat.

Die Familie Haider führt jetzt gemeinsam die Whiskydestillerie.
Die Familie Haider führt jetzt gemeinsam die Whiskydestillerie.(c) Karoline Grill

Ins Unternehmen (hier wird nicht nur hochwertiger Whisky hergestellt, es gibt auch eine Whiskylounge für Verkostungen, Österreichs ersten Whiskykeller und geführte Touren) ist Haider-Stadler nach und nach hineingewachsen. „Ich habe immer wieder kleinere Texte für Journalistenanfragen geschrieben. Dann habe ich die Ausbildung zur Destillateurin gemacht und in der PR-Agentur, in der ich gearbeitet habe, auf 20 Stunden reduziert, damit ich daheim mithelfen kann.“ Die Freude bei den Eltern war schließlich groß, als sich die Tochter entschied, ganz in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Mittlerweile ist Haider-Stadler nicht nur für Kommunikation und Marketing, sondern auch für das Fassmanagement, also den Einkauf von Weinfässern für die Whisky-Produktion, zuständig: „Ich bin jetzt das Gesicht nach außen. Mein Vater zieht sich immer mehr zurück. Meine Eltern wissen, dass ich das gut mache.“

Jasmin Haider-Stadler kommt aus dem Marketing und ist erst später in die Whiskydestillerie eingestiegen.
Jasmin Haider-Stadler kommt aus dem Marketing und ist erst später in die Whiskydestillerie eingestiegen.(c) Regina Hügli

Aktuell arbeiten im Betrieb inklusive Familienmitglieder (die Eltern und Jasmin Haider-Stadler) neun Personen. Haider-Stadlerss Vater ist bereits in Pension, aber nach wie vor stark im Betrieb involviert, vor allem beratend. Eine Mitarbeiterin ist schwanger, für die wird im kommenden Jahr eine Karenzvertretung gesucht.

Familienunternehmen kämpfen also nicht mit mehr oder weniger Problemen als andere Unternehmen. Sie müssen jedoch die Balance zwischen familiärer Bindung und Professionalität schaffen. Andrea Hagendorfer vom Gründerservice der Wirtschaftskammer verrät das letzte Problem, das bei Familienunternehmen anders geartet sein kann als sonst: Finanzierung. „Denn was passiert, wenn es mehrere Kinder gibt? Wer bekommt das Unternehmen, wer welchen Anteil?“ Hier könne etwa helfen, den Kaufpreis für das Unternehmen offiziell ermitteln zu lassen, so Hagendorfer. Grundsätzlich gilt: „Es ist wichtig, dass Probleme offen angesprochen und geklärt werden.“ 

(Von Anita Kiefer)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.