Mehrere Polizisten wurden durch Attacken der Siedler von Amona verletzt. Um die Siedlung auf einem Hügel nördlich von Ramallah gibt es seit Jahren juristischen und politischen Streit.
Begleitet von gewaltsamen Protesten hat Israels Polizei am Mittwoch mit der Räumung der umstrittenen Siedlung Amona im besetzten Westjordanland begonnen. Hunderte Polizisten rückten zu Fuß in die jüdische Siedlung ein, die ohne Genehmigung der israelischen Regierung auf palästinensischem Privatland errichtet wurde. Mehrere Beamte wurden durch Attacken der Siedler und ihre Unterstützer verletzt.
Derweil genehmigte die rechtsgerichtete Regierung den Bau von 3000 neuen Siedlerwohnungen im Westjordanland. Um die Siedlung Amona, die auf einem Hügel nördlich von Ramallah liegt, gibt es seit vielen Jahren juristischen und politischen Streit. Obwohl Siedlergruppen großen Einfluss auf die Regierung von Benjamin Netanyahu haben, konnten sie die Räumung des illegalen Außenpostens letztlich nicht verhindern. Das Oberste Gericht Israels hatte schon Ende 2014 den Abriss der Häuser angeordnet. Der Beschluss sollte bis Ende 2016 umgesetzt werden, die Räumungsfrist wurde noch einmal verlängert.
Nachdem es bei einer ähnlichen Räumungsaktion im Jahr 2006 in Amona gewaltsame Auseinandersetzungen mit mehr als 250 Verletzten gegeben hatte, befürchteten die israelischen Behörden auch diesmal gewaltsame Proteste.
Vor Beginn des Polizeieinsatzes gelang es dann auch mehreren hundert Demonstranten, Straßensperren der Armee zu umgehen. Sie setzten rund um die Siedlung Autoreifen in Brand und warfen Steine auf Journalisten.
Später attackierten Siedler und ihre Unterstützer die Sicherheitskräfte mit Steinen und Chemikalien, 20 Polizisten wurden leicht verletzt. Hunderte zumeist junge Demonstranten wurden abgeführt. 13 Angreifer wurden nach Polizeiangaben festgenommen.
Nach Angaben eines Polizeisprechers waren in und um Amona rund 3000 Beamte im Einsatz. Die Polizei forderte die 42 Familien und ihre rund 600 Unterstützer auf, die Gegend "friedlich und ruhig zu verlassen". Einige Anrainer schlossen sich jedoch in ihren Häusern ein und warfen Steine auf die Polizisten.
Die ersten Siedler, die die Fertighäuser verließen, waren Frauen mit kleinen Kindern. Einige Jugendliche verbarrikadierten sich aber in der Siedlung. Am späten Nachmittag waren etwa 20 Häuser geräumt. Am Donnerstag sollen die Unterkünfte abgerissen werden.
An den Protesten gegen die Räumung beteiligte sich auch der Parlamentsabgeordnete Moti Jogev von der rechtsradikalen Partei Jüdisches Heim. Er begrüßte aber den geplanten Bau der 3.000 neuen Siedlerwohnungen. "Ja, Amona wird zerstört werden", sagte Jogev. "Aber im Gegenzug werden wir 3.000 neue Wohnungen bauen."
Das Verteidigungsministerium hatte die Genehmigung der neuen Wohnungen in der Nacht verkündet - vermutlich um kurz vor dem Einsatz in Amona die Räumungsgegner zu beschwichtigen. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sprach von einer "neuen Ära" in Judäa und Samaria, wie das Westjordanland in Israel genannt wird.
Die EU und die UNO verurteilten den Beschluss zum Bau neuer Siedlungen. Die EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini sprach von einer "sehr beunruhigenden Entwicklung", die eine Zwei-Staaten-Lösung in Gefahr bringe. Auch UN-Sprecher Stéphane Dujarric äußerte sich "besorgt".
Derzeit leben rund 600.000 Siedler im seit 1967 besetzten Westjordanland und im von Israel annektierten Ost-Jerusalem. Ein Teil der Siedlungen wurde mit ausdrücklicher Genehmigung der Regierung errichtet, doch auch die sogenannten wilden Siedlungen werden von der Regierung weitgehend geduldet.
International wird der israelische Siedlungsbau als eines der größten Hindernisse für eine dauerhafte Friedenslösung im Nahost-Konflikt angesehen. Der neue US-Präsident Donald Trump ist jedoch ein entschiedener Unterstützer Israels. Politiker aus dem rechten Lager sehen in seiner Präsidentschaft daher eine Chance, den Siedlungsbau ungehindert voranzutreiben.
Derzeit berät das israelische Parlament über ein umstrittenes Gesetz, mit dem tausende Siedlerwohnungen, die auf palästinensischem Privatland errichtet wurden und auch nach israelischem Recht illegal sind, nachträglich legalisiert werden sollen.
(APA/AFP)