IV: Zehn magere Jahre zum Wohle des Finanzministers

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Die Industriellenvereinigung fordert Einsparungen von zwölf Milliarden Euro. Konkret sollen die Österreicher um 4,5 Jahre länger arbeiten. Außerdem müsse der Gesundheitsbereich effizienter werden.

Wien (mac). Im Jahr 2013 wird Österreich mit rund elf Milliarden Euro voraussichtlich genau so viel an Zinsen für die rapide steigenden Staatsschulden bezahlen wie für Forschung und Entwicklung. Steuert die Republik hier nicht rechtzeitig gegen, drohe die Politik ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren, warnt die Industriellenvereinigung (IV). Zwar hat die Wirtschaft stark von den hohen Staatsausgaben profitiert, die das Budgetloch nun weiter vergrößern. Der Staat könne aber nicht „Dauertropf für Konjunkturbelebung sein“, sagte IV-Ausschussvorsitzender Stephan Koren am Dienstag in Wien. „Wir haben lange Zeit über unsere Verhältnisse gelebt“, so IV-Präsident Veit Sorger. Nun müsse radikal gespart werden.

Bis 2025 könne die Staatsschuldenquote wieder unter die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP gedrückt werden (bis 2013 steigt die Quote auf 83 Prozent). Um das zu erreichen, heißt es aber zehn Jahre lang eisern sparen. Zwischen 2012 und 2014 müssten die Staatsausgaben um drei bis vier Prozent des BIP gekürzt und das niedrigere Niveau eine Dekade lang gehalten werden.

4,5 Jahre länger arbeiten

Wo die erforderlichen neun bis zwölf Milliarden Euro an Einsparungen nach Ansicht der Industrie zu finden sind, liefert die IV in ihrer Studie gleich mit. Die großen Brocken heißen: Pensionen, Gesundheit und Schule. Jedes Jahr, mit dem die Österreicher später in Pension gingen, brächte etwa jährliche Einsparungen von 1,2 Milliarden Euro. Nötig sei eine Annäherung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters (58) an das gesetzliche (65) um zwei Jahre. Die Abschaffung der Hacklerregelung ab 2011 brächte 420 Millionen Euro im Jahr. Zwei Drittel aller Frühpensionisten scheiden über die Hacklerregelung aus dem Arbeitsleben.

Frühpension für teure Angestellte

Kurzfristig würde das dem Staat allerdings nur wenig bringen. Denn viele Unternehmen nutzen die Frühpension heute als beliebtes Mittel, um teure Angestellte loszuwerden. Werden diese stattdessen gekündigt, bleiben die Kosten erst wieder beim Staat hängen. Effizienzsteigerungen sollen im Gesundheitsbereich 2,3 Milliarden Euro bringen, im Schulsystem könnte eine Milliarden Euro gehoben werden. Um die Schuldenquote unter das Maastricht-Limit zu drücken, reicht diese „Minimalvariante“ nicht. Dafür müssten zumindest auch ein paar der „schärferen“ IV-Forderungen aufgegriffen werden. Etwa die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters auf OECD-Schnitt.

Derzeit gehen die Österreicher noch 4,5 Jahre früher in Pension. Selbst wenn dieses politische Husarenstück gelingt, bleibt der Erfolg des Plans abhängig vom weiteren Wirtschaftswachstum. In ihren optimistischen Berechnungen geht die IV von einem Wachstum von 3,8 Prozent ab 2012 aus. Neue Steuern kommen im Konzept ebenso wenig vor wie Vorschläge, worauf die Industrie verzichten könne. Steuern würden lediglich das nötige Wachstum bremsen. Als alternative Einnahmequelle für den Staat plädiert Sorger für mehr Privatisierungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2009)

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