Es könnte so einfach sein. Die Masern wären ausgerottet, würden sich mehr als 95 Prozent der Bevölkerung dagegen impfen lassen. Stattdessen gab es in Österreich allein seit Jahresbeginn mindestens 32 Erkrankungen – Kleinkinder ebenso wie Erwachsene.
Obwohl man angesichts ihrer Medienpräsenz meinen könnte, das Land sei durchsetzt von Impfgegnern, die – durchaus eloquent – Mythen verbreiten und damit Ängste schüren, lassen die meisten Eltern ihre Kinder glücklicherweise impfen. Ganz ohne Zwang, den Volksanwalt Günther Kräuter am Samstag gefordert hat. Zwang und die Androhung von Strafe sollten aber das letzte Mittel sein, um Eltern klarzumachen, dass sie nicht das Recht haben, die Gesundheit ihrer Kinder aufs Spiel zu setzen. Denn Pflichten könnten zur Folge haben, dass sich sogar bisherige Befürworter auf die Seite der Impfgegner schlagen. Nur, um sich nichts vorschreiben zu lassen. Dieser mögliche Reflex gehört berücksichtigt, wenn über eine Impfpflicht diskutiert wird. Dass überhaupt darüber diskutiert werden muss, zeigt vor allem eines auf – die Versäumnisse bei der flächendeckenden gründlichen Aufklärung der Bevölkerung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2017)