"Mist macht doch jeder"

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Der Weltmarktführer für Beregnungstechnik punktet inzwischen auch als Profi für Abwasser- und Ressourcenmanagement.

Voitsberg. Wenn das Gespräch auf das Thema Wasser kommt, läuft Otto Roiss zur Hochform auf. Dem 56-jährigen Unternehmer und Mehrheitseigentümer des steirischen Röhren- und Pumpenwerks Bauer geht es aber nicht darum, den Durst der Menschen zu löschen. Wasser heißt für ihn Beregnung – den großflächigen Einsatz des wertvollen Nass in der Landwirtschaft für eine effektive Bodenbewirtschaftung.

Zwölf Kilometer lang ist die größte Beregnungsanlage, die Bauer bisher installiert hat. Weltweit werden 2,5 Millionen Hektar Ackerland aus den Düsen von Bauer-Maschinen besprüht. Das geschieht nicht nur in trockenen Gebieten Afrikas, Australiens oder Amerikas. „Auch in Österreich und sogar in England braucht die Landwirtschaft Wasser, um die Erträge zu steigern, denn es regnet oft genau dann, wenn es nicht gebraucht wird und umgekehrt“, erzählt Roiss.

Angefangen hat alles auch mit einer Flüssigkeit – die allerdings am anderen Ende der Nahrungskette von Kühen und Schweinen entsteht. Rudolf Bauer hat, als er nach Voitsberg kam, den Landwirten bei der Arbeit zugeschaut und bemerkt, dass sie die Gülle, den Naturdünger, mit Kübeln auf ihre Felder austragen. Das müsse man mechanisieren, dachte Bauer und entwickelte eine Güllepumpe. Der Grundstein für die Firma war gelegt. Das war 1930.

Knapp nach dem Krieg legte Bauer mit der Erfindung der sogenannten Bauer-Kupplung den Grundstein für den zweiten Geschäftsbereich: die Beregnung. Fast 90 Jahre und zwei Pleiten später ist das Unternehmen mit 675 Mitarbeitern und einer Exportquote von 95 Prozent in rund 100 Ländern präsent.

Damit ist der Plafond aber noch lange nicht erreicht. Roiss sieht, sowohl was Märkte als auch Produkte betrifft, großes Expansionspotenzial. „Mist macht jeder“, lacht er und erklärt, dass es heute um viel mehr als nur um Wasser und Gülle geht. „Wenn wir vom nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen sprechen, geht es darum, so wenig Abfall wie möglich zu hinterlassen.“

Deshalb ist die Firma Bauer heute nicht nur Weltmarktführer in Sachen Beregnung und Gülleaufbereitung. „Es geht in Richtung Biotechnologie, es geht um die Aufbereitung von landwirtschaftlichem Abwasser, um es wieder sinnvoll einsetzen zu können. Letztlich bieten wir komplettes Abfallmanagement an“, sagt Roiss, der vom Banker und Unternehmensberater zum Kämpfer gegen den Ressourcenraubbau wurde. Aus den Resten der Gülle entsteht Blumenerde, Kompost- und Streumaterial. Dass sich die Bauer-Gruppe inzwischen auch mit Energiemanagement und Biogasanlagen befasst, ist logisch.

Ganz so geradlinig nach oben verlief die Entwicklung des Unternehmens freilich nicht. Als Roiss im Jahr 2000 als Sanierer ins Haus geholt worden ist, stand es nicht gut. Die Erben des Firmengründers fanden keinen Weg aus der Krise. Auch nach einem Eigentümerwechsel ging nichts weiter. Da holte man Roiss an Bord. „Ich habe alles umgekrempelt – Produktion, Vertrieb, Buchhaltung – und auch Personal abgebaut“, sagt Roiss offen. Zwei Jahre später war die Firma aus dem Gröbsten heraus – und Roiss wollte nicht mehr angestellt bleiben. Die Idee eines Management-Buy-Out lag nahe und konnte mit Hilfe der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich als Financier auch realisiert werden. Das Beteiligungsvehikel der RLB OÖ, die Invest Unternehmensbeteiligungs AG, ist heute mit knapp 49 Prozent zweitgrößter Aktionär.

Immer einen Schritt vorausdenken

Leicht hatte es der „Zuagroaste“ dennoch nicht, obwohl bald wieder schwarze Zahlen in der Bilanz standen. „Ich musste erst das Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen, denn du hast nur Erfolg, wenn die Leute an dich, den Chef, glauben“, sagt Roiss. Wie ihm das gelungen sei? „Als ich die Anteile übernommen habe, überzeugte das.“ Und: „Ich war immer da, auch am Wochenende.“ Heutzutage, wo er nicht mehr unmittelbar im operativen Geschäft mitmischt, sieht sich Roiss als Unternehmer im besten Sinne des Wortes, als Ansprechpartner für alle, aber vor allem als einer, der „immer einen Schritt vorausdenkt“. Gerade, wenn es gut laufe, müsse man Neues angehen, lautet sein Credo. Die Konkurrenz sei zwar groß, das professionelle Ressourcenmanagement biete aber noch viele Chancen. „Für uns gibt es keine Grenzen, die ganze Welt ist unser Markt.“ Erst im Vorjahr wurde eine neue Fabrik in Brasilien eröffnet, die sechste. Die siebente soll in Russland entstehen. Das Hauptwerk soll aber in Voitsberg bleiben. Warum eigentlich, angesichts extrem hoher Steuern und Lohnkosten? Roiss denkt nicht lange nach: „Wir sind der größte Arbeitgeber in der Region, das ist schon eine Herausforderung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2017)

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