4000 Wohnungen israelischer Siedler im Westjordanland werden mit dem Gesetz rückwirkend genehmigt. Der Generalstaatsanwalt warnt vor einem Verstoß gegen internationales Recht.
Bei der Siedlerpartei „Das jüdische Heim“ ist die Freude groß. Das nun im israelischen Parlament verabschiedete Reglementierungsgesetz garantiert, dass sich Bilder wie vergangene Woche in Amona nicht wiederholen werden. 60 der 120 Abgeordneten der Knesset stimmten dafür, wilde Siedlungen, die auf privaten palästinensischen Grundstücken errichtet wurden, rückwirkend zu legalisieren. Für Amona, wo nach einem Gerichtsurteil 42 Häuser geräumt wurden und nun abgerissen werden, kam diese Regelung zu spät.
Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei, sprach von einem „historischen Prozess zur Normalisierung“ der Siedlungen. Ob das Reglementierungsgesetz von Dauer ist, halten jedoch viele für fraglich. „Wir werden zusammen mit Peace now und dem Verband für Bürgerrechte gegen das Gesetz vor den Obersten Gerichtshof ziehen“, kündigte Gilad Grossmann, Sprecher der Organisation Jesch Din, auf Anfrage der „Presse“ an. Jesch Din leistete palästinensischen Grundstückseigentümern bei bisherigen Verfahren, auch in Amona, Rechtsbeihilfe. Auch Israels Oberstaatsanwalt Avichai Mendelblit glaubt nicht, dass das Gesetz vor dem Obersten Gericht bestehen kann. Er kündigte bereits an, die Regierung in dieser Sache nicht zu vertreten.
Israels Oppositionsparteien hatten sich darauf geeinigt, „bei diesem Spiel nicht mitzumachen“, und verzichteten auf ihre Redezeit vor dem Parlament. Oppositionsführer Izchak Herzog griff schließlich doch noch zum Mikrofon und warnte vor einem binationalen Staat und damit dem Ende eines jüdischen und demokratischen Staates.
Rund 4000 Wohnungen israelischer Siedler im besetzten Westjordanland werden mit dem Gesetz rückwirkend genehmigt, obwohl sie widerrechtlich auf privaten Grundstücken von Palästinensern gebaut wurden. Ultrarechte Politiker wollen damit weitere Räumungen wilder Siedlungen verhindern. Das Gesetz sieht eine Entschädigung der palästinensischen Besitzer vor.
Netanyahu hatte gesagt, man wolle mit dem Gesetz die Besiedlung des Westjordanlands "ein für alle Mal regeln". Seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump im vergangenen Monat hat Israel bereits den Bau von mehr als 5000 neuen Siedlerwohnungen und einer ganz neuen Siedlung angekündigt. Deutliche Kritik kam am Montag aus Deutschland und Frankreich.
US-Regierung schweigt zu Legalisierung
Die US-Regierung hat zum Schritt des Parlaments zunächst keine Stellung bezogen. Das Gesetz werde vermutlich noch von den zuständigen Gerichten überprüft, daher werde US-Präsident Donald Trump "bis zu einer Gerichtsentscheidung" jeglichen Kommentar vermeiden, sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums am Montag der Agentur AFP.
Das Gesetz betrifft nach Angaben der Knesset zunächst 16 Siedlungen und Außenposten im Westjordanland. Es ermögliche dem Staat, palästinensisches Privatland, auf das israelische Siedler "unwissentlich oder auf Anweisung des Staates" Häuser gebaut haben, als staatlichen Besitz zu konfiszieren. Die rechtmäßigen Eigentümer dürften es dann bis zu einer endgültigen Entscheidung über den künftigen Status der Gebiete nicht mehr nutzen. Sie sollten aber mit einer jährlichen Gebühr oder - soweit möglich - mit einem alternativen Grundstück entschädigt werden.
Die eigene Führung erlaubt es Palästinensern nicht, Land an Israelis zu verkaufen. Falls sie es doch tun, droht ihnen die Todesstrafe.
UNO droht mit juristischen Konsequenzen
Das neue israelische Gesetz gilt nicht für Siedlerhäuser, deren Räumung bereits durch ein Gericht angeordnet worden ist. Ursprünglich wollte die Siedlerpartei mit dem Gesetz den Außenposten Amona retten, der jedoch bereits vergangene Woche geräumt wurde. Bis zum 5. März sollen außerdem neun Häuser in der nahegelegenen Siedlung Ofra zerstört werden.
Der UNO-Nahostgesandte Nickolay Mladenov hatte Israel Stunden vor der Abstimmung noch vor der Verabschiedung des Gesetzes gewarnt. Es werde weitreichende juristische Konsequenzen für Israel haben und die Aussichten auf einen arabisch-israelischen Friedensschluss stark verringern.
Rund 600.000 Israelis leben in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem. Israel unterscheidet zwischen Siedlungen, die mit Genehmigung der Regierung entstanden, und wilden Außenposten, die durch das Gesetz rückwirkend legalisiert werden sollen. Aus internationaler Sicht sind alle Siedlungen illegal. Sie gelten als Hindernis für eine Friedensregelung mit den Palästinensern.
(Susanne Knaul/Ag.)