Die Regierung schickt Integrationsjahr, Verschärfung bei der Integrationsvereinbarung und Burkaverbot in die Begutachtung.
Wien. Das ging rasch: Etwas mehr als eine Woche nach der Einigung auf das neue Regierungsprogramm hat die Koalition die ersten Gesetzesvorhaben in Begutachtung geschickt. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) haben sich auf zwei Gesetze zum Thema Integration geeinigt. Das eine, im Einflussbereich von Kurz, befasst sich mit Integration für alle Zuwanderer, mit dem Verhüllungsverbot und dem Verteilungsverbot salafistischer Schriften. Im zweiten, zu Sozialminister Alois Stöger ressortierenden Gesetz geht es um die Integration von Asylwerbern. Die Neuerungen im Detail.
• Mit 137 Millionen Euro sind die Kosten für das verpflichtende Integrationsjahr für Flüchtlinge veranschlagt, wobei von 15.000 Teilnehmern pro Jahr ausgegangen wird. Absolvieren sollen dieses Jahr Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte, aber auch Asylwerber, bei denen es sehr wahrscheinlich ist, dass sie auch tatsächlich Schutz in Österreich erhalten werden.
Für diese Personengruppe stellt das AMS ein mindestens einjähriges Programm zusammen, das Kompetenzchecks, Deutschkurse und Wertekurse beinhaltet. Und es gibt ein Arbeitstraining mit gemeinnützigen Tätigkeiten, das von jenen Organisationen angeboten wird, die auch Zivildiener beschäftigen. Bezahlung für die Arbeit gibt es keine, wohl aber Sanktionen, wenn man ohne berücksichtigungswürdige Gründe nicht daran teilnimmt. In diesem Fall werden Zuwendungen wie die Mindestsicherung gekürzt. Wobei das Gesetz ausdrücklich einen strengen Maßstab anlegt: Lediglich gesundheitliche Gründe und Behördentermine werden als berücksichtigungswürdig akzeptiert. Dafür wird aber der Arbeitsmarkt für Asylwerber ein kleines Stück geöffnet: Sie dürfen künftig per Dienstleistungsscheck bezahlt werden und so bis zu 110 Euro im Monat für Arbeiten im Haushalt oder Garten erhalten.
• 43 Millionen Euro kostet das Integrationsgesetz von Sebastian Kurz. Dieses richtet sich nicht nur an Asylberechtigte, sondern an alle Zuwanderer und legt Integrationserfordernisse fest: Ein Integrationsvertrag sieht die Verpflichtung zu Deutschkursen, Wertekursen und zur Annahme von Arbeit vor. Bei der Absolvierung der Integrationsprüfung gelten höhere Qualitätsstandards, und es gibt strengere Kontrollen der erworbenen Sprachkenntnisse sowie verschärfte Strafbestimmungen für Verstöße gegen die Integrationsvereinbarung. Dafür ist aber auch ein Rechtsanspruch auf einen Deutschkurs festgelegt.
• Ein eigenes „Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz“ sieht Verwaltungsstrafen von bis zu 150 Euro vor, wenn an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden die Gesichtszüge verhüllt werden. Gemeint, aber nicht ausdrücklich genannt ist damit das Tragen von Burka oder Ähnlichem. Die Ausnahmen: Im Rahmen von künstlerischen, kulturellen oder traditionellen Veranstaltungen, beim Sport, aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen ist ein Verhüllen erlaubt.
• Koranverteilaktionen von Salafisten sollen über eine Änderung der Straßenverkehrsordnung unterbunden werden. Wenn die Sicherheitsbehörden Bedenken haben, gilt dies künftig als Benützung der Straßen zu „verkehrsfremden Zwecken“.
Mehr Asylverfahren
Indessen führen die hohen Flüchtlingszahlen auch zu einem Anstieg der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Drei von vier neu anhängigen Verfahren stammen aktuell aus diesem Bereich, sagte Präsident Harald Perl am Dienstag. Zur Bewältigung des Anstiegs wünscht sich Perl, dass jene bis Ende des Jahres befristeten 80 Planstellen beim nicht richterlichen Personal für die kommenden drei bis fünf Jahre verlängert werden. Insgesamt hebt der Gerichtshof 32 Prozent aller angefochtenen Behördenentscheidungen auf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2017)