SPÖ: "Unser Ziel ist eine Mehrheit Rot-Grün-Neos"

Christian Kern
Christian Kern(c) APA (BARBARA GINDL)
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Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler gibt ungewöhnlich offene Einsichten in die Pläne der SPÖ. Kanzler Kern soll von links in die Mitte rücken. Die Grünen reagieren auf die Ankündigung mit Forderungen, die Neos lehnen "Planspiele" ab.

Die SPÖ peilt bei der nächsten Nationalratswahl eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau an. Bundeskanzler Christian Kern soll deshalb von links in Richtung Mitte rücken und dort Wähler von FPÖ und ÖVP holen. Diese ungewöhnlich offenen Einsichten gab SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler am Mittwoch bei einem Hintergrundgespräch zur strategischen Ausrichtung der Partei. "Das Ziel ist eine Mehrheit Rot-Grün-Neos, weil wenn man eine alternative Mehrheit hat, ist das Regieren viel einfacher. Ob wir dann eine Koalition mit den geläuterten Schwarzen weitermachen oder ob es diese Variante wird, wird man dann nach der Wahl sehen. Aber es muss einmal eine Alternative dazu geben, um die Erpressbarkeit und Abhängigkeit von einer Partei zurückzuschrauben", sagte Niedermühlbichler.

Die Chancen für eine Mehrheit links der Mitte schätzt der SPÖ-Manager gut ein. "Nicht in den nächsten zwei Monaten, aber im nächsten halben Jahr." Daher auch der konziliante Ton in Richtung FPÖ und ihrer Repräsentanten, daher der Wirtschaftsschwerpunkt im "Plan A" und im neuen Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP. Laut Niedermühlbichler wäre es zwar die "einfachere Übung", Grün-Wähler in Richtung SPÖ zu ziehen, "das hilft uns nur nicht viel, weil wir dann in der Rot-Grün-Neos-Schnittmenge nicht über 50 Prozent kommen". Ziel sei es, FPÖ-Wähler und (durch Kerns Wirtschaftskompetenz) auch ÖVP-affine Wähler anzusprechen.

Derzeit würden die Österreicher Kern laut SPÖ-Umfragen und Fokusgruppen noch "zu sehr als links" verorten, verriet Niedermühlbichler. Das rühre zum einen aus seiner Zeit als ÖBB-Chef, wo sich Kern für Flüchtlinge eingesetzt hatte, zum anderen von seiner Antrittsrede als Bundeskanzler und seinen Forderungen nach Vermögens- und Maschinensteuern. Zuletzt habe Kern über seinen "Plan A" aber sein Profil in Richtung Wirtschaft geschärft, und beim Thema Migration setze der SPÖ-Chef auf Integration vor Neuzuzug. Niedermühlbichler: "Unsere Aufgabe war und ist es, Kern mehr in die Mitte zu bringen."

"Plan A ist aufgegangen"

Arbeitsplätze, Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Kriminalität, Pensionen, Chancen für Junge, Zuwanderung, Steuern und Abbau von Bürokratie sind laut SPÖ-Umfragen die Themen, die den Österreichern derzeit am meisten unter den Nägeln brennen. Vor allem beim Thema Sicherheit hatte die SPÖ laut ihrem Bundesgeschäftsführer eine "gewisse offene Flanke". Wegen der im Regierungspakt beschlossenen Maßnahmen wie der verschärften Videoüberwachung geht Niedermühlbichler nun aber davon aus, "dass da eine Flanke geschlossen wurde".

Mit dem von Kern präsentierten "Plan A" sei darüber hinaus das strategische Ziel erreicht worden, Kerns Profil als "wirtschaftsaffinen Macher mit einem klaren Plan" zu schärfen. "Plan A ist aufgegangen, und die Regierungsverhandlungen waren aus unserer Sicht sehr erfolgreich. Der Bundeskanzler hat auf den Tisch gehaut, dadurch geht jetzt was weiter", so der SPÖ-Manager.

Gewerkschaft gilt als Bremser

Parteichef Kern. genießt laut der SPÖ-Forschungsarbeit hohe Glaubwürdigkeit, gilt als Macher, Manager und ist beliebt. Viele würden ihm Veränderungen zutrauen, wollen aber erst abwarten, ob er diese schafft. Zweifel gibt es nämlich wegen der vielen Bremser. Als "Bremser" genannt wurden in dieser Reihenfolge: die Gewerkschaft, die Partei SPÖ, der Koalitionspartner ÖVP und schließlich die Wirtschaft. Bei SPÖ-internen Umfragen im September, November und Dezember habe Kern jedenfalls kontinuierlich zugelegt, insbesondere auch bei FPÖ-Wählern sowie Unentschlossenen.

"Wir müssen die SPÖ nicht komplett hinter Christian Kern verstecken. Im 'Plan A' haben wir sie sehr zurückgenommen, in zukünftigen Aktivitäten werden wir die Partei aber mitnehmen", so Niedermühlbichler weiter. Das gilt etwa für die Länder-Tour, die Kern seit dieser Woche absolviert und die verschiedene Themenschwerpunkte aus dem "Plan A" in den Mittelpunkt rückt. Seit einer Woche sind darüber hinaus zwei Busse in Österreich unterwegs, um Kerns "Plan A" zu erklären und die Menschen für den Kanzler und die SPÖ zu begeistern, berichtete Niedermühlbichler. 82 Standorte in ganz Österreich werden bis zum Sommer angefahren. Der "leere Raum" SPÖ soll so wieder mit Inhalt und Leben gefüllt werden.

Den nächsten Nationalratswahlkampf, den Niedermühlbichler nach wie vor erst für 2018 erwartet, will man jedenfalls ganz auf den Kanzler und Parteichef zuschneiden: "Dass Kern die SPÖ nach vorne zieht, sieht man ja jetzt schon in den Umfragen."

Grüne fordern Glaubwürdigkeit, Neos gegen Planspiele

"Sympathiebekundungen" wie die Rot-Grün-Neos-Ansage seien "freundlich und nett", befand Grünen-Chefin Eva Glawischnig am Mittwoch. Aber sie will von der SPÖ einen Beweis der Glaubwürdigkeit. Dieser wird schwer zu erbringen sein: Das rot-schwarze Übereinkommen müsse nachgebessert werden in den Bereichen Frauen und Soziales, etwa um den gesetzlichen Mindestlohn, fordert Glawischnig. Die Neos reagierten am Mittwoch verschnupft auf die roten Ankündigungen. Man werde bei den "Planspielen" von Niedermühlbichler über Rot-Grün-Pink nicht mitmachen, teilte der pinke Generalsekretär Nick Donig in einer Aussendung mit: Andere Parteien "vor den Karren des Stillstands spannen zu wollen, ist ein neuer Egotrip des Machterhalts", meinte Donig.

Auch seitens der FPÖ gab es kritische Worte: Mit der Variante "extrem links mit großindustriellem Einschlag" wolle Kern den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Schließlich würden Grüne und Neos "schon in den Startlöchern scharren", meinte Generalsekretär Herbert Kickl. Niedermühlbichler habe "den Offenbarungseid der wahren Strategie von SPÖ-Kanzler Kern abgelegt - Machterhalt um jeden Preis statt Arbeit für die Österreicher".

(APA)

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