Wiens Polizeipräsident für Einschränkung des Demonstrationsrechts

 Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl
Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl(c) APA (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Gerhard Pürstl hält höhere Strafen für Versammlungsleiter, klare Schutzzonen und die Möglichkeit, Demos an gewissen Orten zu gewissen Zeiten generell zu untersagen, für notwendig.

Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl hält eine Änderung des seit 150 Jahren unveränderten Versammlungsrechts für nötig - etwa höhere Strafen für Versammlungsleiter, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, eine Klarstellung der Schutzzonen oder die Möglichkeit, Demonstrationen an gewissen Orten zu gewissen Zeiten generell zu untersagen. Dies habe auch eine Expertengruppe aus Ministeriums- und Polizeivertretern vorgeschlagen - Teile ihrer Ansichten wurden in dem Entwurf von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) aufgegriffen. In die politische Diskussion (die SPÖ lehnt Sobotkas Vorhaben ja strikt ab) wolle er, Pürstl, sich als Beamter aber nicht einmischen.

Sehr wohl möchte der Wiener Polizeipräsident aber erklären, was aus Sicht der Versammlungsexperten nötig ist. Ihm zufolge gehe es diesen darum, "weitgehende Klarheit und Transparenz" zu schaffen und die ungestörte Abhaltung angezeigter Versammlungen sicherzustellen - etwa mit der Schutzzonen-Definition, dass Gegendemonstrationen einen Abstand von 150 Metern einhalten müssen. Dies entspreche der geübten Praxis (die Polizei untersagt Gegenkundgebungen nahe an Demonstrationen, muss derzeit aber in jedem Einzelfall, also bei jeder Demo-Anmeldung, abwägen, mit den Kontrahenten diskutieren und beurteilen).

Mit der gesetzlichen Regelung würde für Anmelder nur von vornherein klar gestellt, dass eine zu nahe Gegendemonstration nicht genehmigt wird. Zudem sei eine gesetzliche Schutzzone auch nichts neues: An Sitzungstagen sind zum Beispiel Demonstrationen 300 Meter rund um das Parlament verboten.

Verbot darf freilich nicht "aus Jux und Tollerei" erfolgen

Auch beim Vorschlag, die Abhaltung von Demonstrationen per Verordnung generell für eine bestimmte Zeit und an gewissen Orten zu untersagen gehe es darum, nicht jeden Einzelfall beurteilen zu müssen, sondern etwa für die Einkaufssamstage im Advent Kundgebungen auf der Mariahilfer Straße generell zu verbieten. Ein Verbot könnte freilich nicht "aus Jux und Tollerei" erfolgen, betonte Pürstl, sondern nur "nach sorgfältiger Abwägung der verfassungsrechtlichen Rechte". Es dürfte auch keinesfalls eine größere Region (etwa die Innere Stadt in Wien), sondern nur bestimmte Plätze oder Straßenzüge umfassen.

Was die verstärkte Verantwortung des Versammlungsleiters (ebenfalls ein umstrittener Kritikpunkt) betrifft, verwies Pürstl darauf, dass dieser und die Ordner schon jetzt per Gesetz verpflichtet seien, für die Aufrechterhaltung der Ordnung Sorge zu tragen, gesetzwidrigen Aktionen entgegenzutreten und die Demo aufzulösen, wenn dies nicht befolgt wird. Für Nicht-Einschreiten droht derzeit eine Geldstrafe von 720 Euro, das hielten die Experten für zu wenig. "Sicherlich mehrere tausend Euro" wären für Pürstl angemessen, wenn zum Beispiel der Versammlungsleiter bei Ausschreitungen einfach weggeht und die Kundgebung nicht auflöst.

Im Verwaltungsstrafrecht seien hohe Strafdrohungen durchaus üblich - etwa bis zu 5000 Euro für Verstöße gegen das Kraftfahrgesetz, wozu auch schon zähle, wenn ein Autobesitzer den Lenker nicht bekannt gibt. Man könne aber "über alles diskutieren", so Pürstl. Im Arbeitspapier hätten die Experten nur Vorschläge gemacht, "was davon umgesetzt wird, ist Sache der Politik".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenminister Wolfgang Sobotka.
Innenpolitik

Demonstrationsrecht: ÖVP beharrt auf neuem Gesetz

Innenminister Sobotka wird einen neuen Vorschlag vorlegen. Er und Mitterlehner einigten sich darauf, das Thema weiter zu verfolgen.
Sobotka und Mitterlehner
Innenpolitik

Sobotka kontert Mitterlehner: "Unaufgeregtheit würde gut tun"

Es sei "nicht im Sinn der Sache, die Diskussion endlos weiterzuführen", richtet der Vizekanzler seinem Innenminister aus. Dieser zeigt sich von der Kritik unbeeindruckt.
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Innenpolitik

Sobotka kontert SPÖ: "Natürlich" werden Menschenrechte berücksichtigt

Die SPÖ lehnt die Pläne des Innenministers zur Reform des Demonstrationsrechts vehement ab, der Verfassungsdienst ortet Verstöße gegen die Verfassung. Sobotka gibt sich davon unbeeindruckt.
PK ZU ARBEITSABKOMMEN DER KOALITION: KERN / MITTERLEHNER
Innenpolitik

Kern lehnt Sobotkas Demonstrationspläne kategorisch ab

Für ihn seien das schlechte Vorschläge, sagte der Bundeskanzler. Auch von VP-Chef Mitterlehner gab es leise Kritik am Vorgehen des Innenministers.
NATIONALRAT: SOBOTKA
Innenpolitik

Ein Zehnteljahr Demo-Verbot

Für bis zu 876 Stunden im Jahr will Sobotka Demos an einem Ort verbieten können. Haftung des Leiters in entschärfter Form geplant.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.