Es sei "nicht im Sinn der Sache, die Diskussion endlos weiterzuführen", richtet der Vizekanzler seinem Innenminister aus. Dieser zeigt sich von der Kritik unbeeindruckt.
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) will sich auch durch Zurechtweisungen seines Parteichefs, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, nicht von seinen Plänen für eine Reform des Demonstrationsrechts abbringen lassen. „Die Diskussion ist fortzusetzen, auf Expertenebene", meinte Sobotka Mittwochnachmittag am Rande einer Konferenz in Wien. „Der Minister hat eine Ministerverantwortung und hat auch in dieser Verantwortung zu agieren", betonte der 61-Jährige.
Es sei notwendig, ein 150 Jahre altes Gesetz an die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts anpassungsfähig zu machen, rechtfertigte der Innenminister sein Vorhaben neuerlich. Die Polizeiarbeit müsse gesichert werden und es gehe darum bestehende Bestimmungen zu konkretisieren. Darauf habe auch der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl hingewiesen. „Mehr Unaufgeregtheit würde dem Ganzen gut tun", sagte Sobotka. An seiner Vorgangsweise sieht der Minister nichts Falsches: „Ich glaube, dass es notwendig ist, Positionen zu beziehen."
Mitterlehner: "Endlose Diskussion ist nicht im Sinn der Sache"
Wenige Stunden zuvor hatte Mitterlehner Sobotka über das Ö1-„Mittagsjournal" zurechtgewiesen. Es sei „nicht im Sinn der Sache, die Diskussion endlos weiterzuführen", richtete Mitterlehner diesem über das Ö1-„Mittagsjournal" aus – insbesondere, da der Koalitionspartner offensichtlich keine Änderungen wolle. Er, Mitterlehner, selbst würde es daher bevorzugen, „wenn das Thema intern entsprechend verhandelt und erörtert und dann eine Lösung vorgestellt wird".
>>> Soll das Demonstrationsrecht eingeschränkt werden?
Verunsicherung und Emotionalisierung seien einer Sachlösung abträglich, so der Vizekanzler weiter. Er sehe daher momentan wenig Möglichkeit, das Thema im Laufen zu halten. Mitterlehner kündigte ein Treffen mit Sobotka zu dem Thema an, „weil ich glaube, dass es in der Natur der Sache ist, so ein sensibles Thema wie Grundrechte vorerst einmal intern zu besprechen und dann gegebenenfalls – ich sehe durchaus die Möglichkeit und da und dort die Notwendigkeit – die Spielregeln zu präzisieren“.
Aus der Wiener ÖVP kam dagegen Rückendeckung für Sobotka: "Probleme, die einfach da sind, muss man diskutieren können", sagte Landesobmann Gernot Blümel. Die Diskussion über Demonstrationen und gesetzliche Änderungen sei "längst überfällig und dringend notwendig". Wenn die Wiener Innenstadt durch Demonstrationen abgeschnitten oder Teile davon lahmgelegt würden, seien dies keine "Kleinigkeiten". "Genau darüber muss man diskutieren dürfen. Denn sonst treibt man die Menschen in die Hände von Populisten", so Blümel.
Kickl: SPÖ macht "linkslinken Chaoten die Mauer"
Hinter das Vorhaben des Innenministers stellten sich am Mittwoch hingegen der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl und die Freiheitlichen. „Wir bekennen uns zum Demonstrationsrecht, aber auch die Rechte von nicht-demonstrierenden Bürgern, Anrainern und Geschäftsleuten sind zu schützen", sagte Generalsekretär Herbert Kickl. Gleichzeitig kritisierte er die SPÖ, die zwar im Internet das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung beschneiden wolle, „beim Demonstrationsrecht macht sie unter dem Deckmantel der Verteidigung der Grundrechte linkslinken Chaoten die Mauer".
SOS Mitmensch begrüßte indes die Zurückweisung der Vorschläge des Innenministers zur Einschränkung des Versammlungsrechts durch die SPÖ. Mit Grundelementen einer Demokratie betreibe man keine Machtspiele, so die Menschenrechtsorganisation, die in den vergangenen Tagen annähernd 17.000 Unterschriften zum Schutz der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit gesammelt hat.
>>> Mitterlehner im Ö1-"Mittagsjournal"
(APA/Red.)