Fremdenrechtspaket: Mehr Schubhaft und Röntgenuntersuchungen

Polizeianhaltezentrum Hernals (Schubhaft), Zelle  Photo: Michaela Bruckberger
Polizeianhaltezentrum Hernals (Schubhaft), Zelle Photo: Michaela Bruckberger(c) (Michaela Bruckberger)
  • Drucken

Nach der Novelle des Fremdenrechts dürfte Schubhaft öfter verhängt werden. Missbräuchlich gestellte Folgeanträge schützen nun nicht mehr vor Abschiebung. Das Alter von Asylwerbern kann nun auch mittels Röntgenuntersuchungen festgestellt werden.

Der Nationalrat hat Mittwochabend mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP das Fremdenrechtspaket beschlossen. Im Wesentlichen dürfte durch den Beschluss künftig Schubhaft öfter verhängt werden, sollen missbräuchlich gestellte Folgeanträge nicht mehr vor Abschiebung schützen und kann künftig Alter auch mittels Röntgenuntersuchungen festgestellt werden.

Bezüglich der Folgeanträge (neue Anträge, die nach Ablehnung in den Instanzen gestellt werden) wird durch das Gesetz der faktische Abschiebeschutz abgeschafft, wenn diese Anträge unberechtigt erscheinen. Damit wird das Ansuchen zwar weiter behandelt, der betroffene Asylwerber kann aber bereits während dessen in seinen Heimatstaat bzw. das für sein Verfahren eigentlich zuständige Land abgeschoben werden.

Weiters wird eine Art Last-Minute-Verfahren eingezogen. Wenn der Folgeantrag innerhalb von 18 Tagen vor dem Termin zur Außerlandbringung eingebracht wird, gibt es einen Abschiebungsstopp nur noch dann, wenn subjektive Gründe gegen die Ausweisung sprechen. Wird der Antrag innerhalb von zwei Tagen vor der Abschiebung eingebracht, darf die Person lediglich dann im Land bleiben, wenn im Herkunftsstaat besondere Ereignisse auftreten, etwa der Ausbruch eines Bürgerkriegs. Persönliche Umstände werden nicht mehr berücksichtigt.

Verschärft werden auch die Gebietsbeschränkungen. Der Asylwerber darf sich während des erstinstanzlichen Verfahrens nur noch in einem politischen Bezirk (im Regefall der Traiskirchen-Bezirk Baden) aufhalten. Bisher war diese Gebietsbeschränkung auf 20 Tage beschränkt.

Auch die Meldepflichten werden strenger. Wer nicht in einer Bundesbetreuungsstelle lebt, hat sich in Abständen von 48 Stunden bei einer Polizeiinspektion zu melden. Diejenigen, die in einer Betreuungsstätte wohnen, dürfen sich nicht mehr als zwei Tage aus dieser entfernen. Bei Übertretungen drohen Geldstrafen.

Öfter zur Anwendung kommen dürfte künftig die Schubhaft. Bei "Dublin"-Fällen, also Asylwerbern, für deren Verfahren ein anderer Staat zuständig ist, wird dieses Mittel künftig wohl Usus sein. Allerdings muss es in jedem Fall eine Einzelfallprüfung geben, ob die Schubhaft gerechtfertigt ist. Grundsätzlich kann in Österreich Schubhaft 10 Monate lang innerhalb von zwei Jahren verhängt werden.

Eine weitere umstrittene Passage des Gesetzes betrifft die Möglichkeit der Altersfeststellung via Röntgen. Auf diesem Weg soll in Zweifelsfällen geklärt werden, ob Asylwerber tatsächlich Anspruch auf ein begünstigtes Verfahren als Jugendliche haben. Bringt auch die radiologischen Untersuchung keine Klärung, ist von Minderjährigkeit auszugehen. Verwandtschaftsverhältnisse können künftig via DNA-Test nachgewiesen werden. Stellt sich das behauptete Verwandtschaftsverhältnis tatsächlich als solches heraus, übernimmt die öffentliche Hand die Kosten für den Test.

Künftig kann der Asylstatus auch nach verfestigtem Aufenthalt (fünf Jahre) aberkannt werden, wenn rechtskräftige Verurteilungen bei einem Vorsatzdelikt vorliegen. Für eine Abschiebung ist freilich Voraussetzung, dass die Asylgründe nicht mehr gegeben sind.

Beim Eingehen einer Scheinehe macht sich künftig nicht nur der österreichische Ehepartner sondern auch der Fremde selbst strafbar. Dasselbe gilt für Scheinadoptionen. Familienangehörige von Fremden können in Hinkunft nicht mehr belangt werden, wenn sie Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt leisten. Auch droht nicht mehr der Verlust der Staatsbürgerschaft, sollte sich nach Jahren bei einem Vaterschaftstest herausstellen, dass der vermeintliche österreichische Vater nicht der leibliche Vater ist.

Quasi umgangen wird ein jüngst publiziertes Urteil des VwGH, wonach während des Bleiberechtsverfahrens eine Abschiebung nicht gestattet ist. Nun wird normiert, dass der Antrag in der Regel keinen Abschiebeschutz für den Antragsteller bietet. Allerdings ist in Ausnahmefällen mit der Abschiebung zuzuwarten. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass der Fremde vor dem 1. Mai 2004 nach Österreich kam und sich zumindest die Hälfte des Zeitraums legal im Land befunden hat.

>> Fragen und Antworten zum neuen Fremdenrecht

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Nationalrat
Politik

Kindergeld: Opposition ortet "Ungleichbehandlung"

Der Nationalrat hat heute das einkommensabhängige Kindergeld beschlossen. Die Opposition kritisiert die Reform. Die Regierung zeigt sich überzeugt, dass künftig mehr Väter in Karenz gehen werden.
Nationalrat
Politik

Nationalrat liefert Abgeordnete Huber und Köfer aus

Um Mitternacht wurde die parlamentarische Immunität der beiden Politiker aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft wirft Huber schweren Betrug vor, Köfer wird üble Nachrede angelastet.
Innenpolitik

Nationalrat ohne BZÖ: "Protest gegen Volksanwälte"

Am Donnerstagabend fehlte das BZÖ bei Teilen der Debatte zum Volksanwaltschafts-Bericht im Nationalrat. Die Fraktion wollte damit offenbar gegen die "parteipolitisch agierenden" Volksanwälte protestieren.
Innenpolitik

Qualitätswein künftig auch im Tetra Pak

Novelle des Weingesetzes: Qualitätswein kann künftig auch im Tetra Pak verkauft werden. Auch die Bezeichnung "Tafelwein" wird abgeschafft.
Innenpolitik

Kindergeld: Die neuen Varianten im Detail

Ab Anfang 2010 gibt es vier Pauschalvarianten und eine einkommensabhängige Variante.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.