Josef Pühringer (ÖVP) geht nach 22 Jahren an der Landesspitze. Auch im Bund mischte er mit.
Als Josef Pühringer (ÖVP) am 2. März 1995 als 45-Jähriger seinen Vorgänger Josef Ratzenböck an der Spitze des Landes beerbte, waren sich manche nicht sicher, ob das gut gehen würde. Von zu großen Fußstapfen für den „kleinen Sepp“ war die Rede („Mit einer Körpergröße von 1,69 Meter bin ich auch ein glaubwürdiger Vertreter des kleinen Mannes“, pflegte Pühringer später zu scherzen). Inzwischen hat der heute 67-jährige Landeshauptmann 21 Mal seinen Amtsantritt gefeiert – traditionellerweise im Linzer Lokal „Josef“. Und tut das womöglich noch ein letztes Mal bei der Übergabe in drei Wochen.
Aus dem Schatten seines Vorgängers arbeitete sich der Schneiderssohn aus Traun, der seinem Vater schon als Bub unterm Tisch bei Diskussionen mit den ÖVP-Kollegen aus dem Ort lauschte, mit Fleiß, Ehrgeiz und Zähigkeit heraus. Vor allem an Letzterer mangelte es dem mitunter aufbrausenden – aber schnell wieder beruhigten – Juristen nicht.
An Projekten, die schwer durchsetzbar waren, habe er keinen Mangel, sagte er einmal. Pyhrnautobahn, Kraftwerk Lambach, Musiktheater, Medizinfakultät: Entscheidend sei, dass man an einem für richtig erkannten Projekt festhalte – auch bei Gegenwind. Gegen Vorbehalte in der eigenen Partei setzte er nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Wahl 2003 – das auf eine passable Premiere sechs Jahre zuvor folgte – die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene durch. Die harmonischer verläuft als erwartet. Und die Pühringer auch weiterführt, als er 2009 die absolute Mehrheit zurückholt.
Landesmanager, nicht Landesvater
Ein Landesfürst im Stile des Niederösterreichers Erwin Pröll (ÖVP) ist Pühringer zwar nicht, er sieht sich auch selbst lieber als Landesmanager denn als Landesvater. Dennoch ist er – leutselig und mit einem ausgezeichneten Namensgedächtnis ausgestattet, dem Muss für einen jeden Landeshauptmann –, einer der letzten Patriarchen an der Spitze eines Bundeslandes. Und, obwohl seit der Landtagswahl 2015 hinter Niederösterreich, Vorarlberg und Tirol nur noch viertstärkster ÖVP–Landeshauptmann, auch eine konstante Größe in der Bundespartei.
Nach den Nationalratswahlen 2013 führte er in den Koalitionsverhandlungen für die ÖVP die entscheidende Arbeitsgruppe Finanzen. Und 2014 besiegelte er mit seinem alarmierenden Befund über deren Zustand im Umfragetief(„Dieses Grundeln bei 20 Prozent ist unerträglich.“) das Ende von Michael Spindelegger als Parteiobmann (ÖVP). Als ÖVP-Vorsitzender folgte der Oberösterreicher Reinhold Mitterlehner, der zumindest als Bezirksparteiobmann von Rohrbach eigentlich auch Pühringer unterstellt ist.
Sein unangefochtener Platz als Nummer eins im Land und in der oberösterreichischen ÖVP geriet erstmals 2015 ins Wanken, als die Schwarzen bei der Landtagswahl unter die 40-Prozent-Marke rutschten – obwohl viele der Meinung sind, dass Pühringers Antreten – mit dem Landeshauptmannbonus – die ÖVP noch vor Schlimmerem bewahrte. Vor allem der Wirtschaftsflügel in der Partei machte Druck für eine Zusammenarbeit mit der FPÖ. „Persönliche Befindlichkeiten sind jetzt fehl am Platz“, sagte dazu Pühringer fast resigniert. Und präsentierte eine Landesregierung ohne Frauen, was österreichweit für Aufregung sorgte.
Feilschen um Ressortverteilung
Auch intern gab es Unruhe. Nach der Landtagswahl wurde in der oberösterreichischen ÖVP über die Ressortverteilung nach seiner Zeit gefeilscht, was dem Image der Landespartei nicht gerade gut tat: Pühringers Nachfolger Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Michael Strugl ritterten darum, wer die Kontrolle über die oberösterreichischen Finanzen bekomme, wenn Pühringer gehe. Bis dieser im September ein (oder offiziell: kein) Machtwort sprach und einen kleinen Kompromiss als „Lösung für den Tag X“ vorstellte. Der nun gekommen ist. (beba)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2017)