Grüne: Erdoğan hat 200 Informanten in Österreich

Peter Pilz
Peter Pilz(c) Clemens Fabry
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Der türkische Staat bzw. die Regierungspartei von Präsident Recep Tayyip Erdoğan verfolgt laut dem grünen Sicherheitssprecher, Peter Pilz, Oppositionelle auch in Österreich. Seine Gegner seien großer Gefahr ausgesetzt.

Wien. Dem grünen Sicherheitssprecher, Peter Pilz, zufolge verfolgt die Türkei mutmaßliche Oppositionelle auch in Österreich. Dies geschehe unter anderem über die Aktivitäten der Moscheevereine der Türkisch-Islamischen Union (Atib). Er werde dem Nationalrat einen Bericht vorlegen, in dem die nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Türkei dokumentiert seien, sagte Pilz am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Darin wirft er dem türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, und dessen Partei, der AKP, vor, die türkischstämmige Bevölkerung in Österreich und anderen europäischen Ländern unterwandern zu wollen. Ziel sei unter anderem die Bespitzelung von mutmaßlichen Oppositionellen im Ausland: „Die Menschen in Österreich, die nicht blindwütig Erdoğan folgen, sind einer großen Gefahr ausgesetzt.“

Besonders suspekt seien die Tätigkeiten der Atib, einer Einrichtung der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Österreich. Die Atib werde über ihren Vorsitzenden, Fatih Mehmet Karadas, der gleichzeitig auch Religionsattachée an der türkischen Botschaft in Wien ist, politisch gesteuert.

Jagd auf Gülen-Anhänger

Pilz legte eine Korrespondenz vor, laut der Atib-Verantwortliche von der Religionsbehörde angewiesen wurden, insbesondere gegen die Aktivitäten der „Terrorgruppe Fetö“, angeblicher Anhänger des Predigers Fethullah Gülen, den Erdoğan für den Putschversuch 2016 verantwortlich macht, aufzutreten. Zudem dürfte der türkische Geheimdienst MIT rund 200 Informanten in Österreich haben. Das ist seinen Angaben nach das größte nachrichtendienstliche Informantennetz hierzulande nach jener des russischen Geheimdienstes.

„Parteigeheimdienst der AKP“

MIT sei ursprünglich ein Militärgeheimdienst gewesen, „wurde aber zu so etwas wie einem Parteigeheimdienst der AKP umgebaut“, sagt Pilz. Die AKP bzw. Erdoğan selbst kontrollierten über Diyanet und MIT weitgehend die Tätigkeiten von türkischen Organisationen – wie etwa dem AKP-Ableger Uetd (Union Europäisch-Türkischer Demokraten) – in Europa. Pilz fordert von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), Außenminister Sebastian Kurz, Innenminister Wolfgang Sobotka und Justizminister Wolfgang Brandstetter (alle drei ÖVP) ein Vorgehen gegen die von ihm dargestellten Tätigkeiten, insbesondere der Atib, die entgegen den Vorgaben des österreichischen Islamgesetzes aus dem Ausland finanziert werde.

Es gehe um eine „Trennung zwischen dem türkischen Staat und dem Islam in Österreich“, sagt Pilz und betont, dass die Mehrheit der Türken hierzulande nicht an diesen Aktivitäten beteiligt sei. „Die AKP weiß, dass sie die friedliche türkischstämmige Bevölkerung in Österreich nur zu einem kleinen Teil instrumentalisieren kann. Es ist eine Minderheit, und jetzt geht es darum, diese zu finden und die rechtsstaatlichen Konsequenzen zu ziehen“, so der grüne Sicherheitssprecher. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2017)

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