Hugo Portisch: Erklärer, Pilzsammler & Amerika-Kenner

Hugo Portisch. Der Erklaerer
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Zum Auftakt des Programmschwerpunkts zu Hugo Portischs 90er zeigt der ORF ein Porträt, in dem seine Liebe zu Amerika spürbar ist. Um das Land geht es auch in seinem neuesten Buch.

In einer Sache sind sich alle Wegbegleiter einig, die Gerhard Jelinek für sein Jubiläumsporträt von Hugo Portisch vor die Kamera gebeten hat: Portisch redet gern und viel, hat dabei aber immer etwas zu sagen. „Presse“-Kolumnistin Anneliese Rohrer bringt es auf den Punkt: „Er war der Erfinder des atemlosen Redens, aber er hat nie den Eindruck erweckt, dass er schneller redet als er denkt.“

Hugo Portisch wird am 19. Februar 90 Jahre alt, und der ORF richtet seinem langjährigen Chefkommentator und ehemaligen „Kurier“-Chefredakteur ein Programmfest aus. Den Auftakt bildet eine „Menschen & Mächte“-Ausgabe, die am Sonntag auf ORF 2 ausgestrahlt wird. Kommendes Wochenende zeigt ORF III die Trilogie von Karo Wolm und Wolfgang Winkler nach Portischs Biografie „Aufregend war es immer“.

Das filmische Porträt, das nun zu sehen ist, bringt Portisch auch jenen näher, die seine Live-Einstiege aus Prag, London oder den USA (noch) nicht miterlebt haben. Wie er wurde, was er bis heute ist, nämlich der freundlichste Erklärer der Nation, schildert die Dokumentation. Dass sein Wissens- und Erzähldrang nicht nur auf die Innen- und Außenpolitik beschränkt ist, wird dabei klar. Portisch ist ein leidenschaftlicher Schwammerlsucher und -kocher und hat ein ausgeprägtes Faible für Jazz. Letzteres entdeckte er unter anderem auf seinen frühen Reisen in die USA. Ein Journalismus-Stipendium führte ihn 1950 für sechs Monate an eine US-Uni und als Aspirant in die Redaktionen von „New York Times“ und „Washington Post“. Diese Jahre haben ihn geprägt, obwohl er später auch lange Reiseberichte aus Südamerika, China und anderen Länder mitbrachte. Hugo Portisch und wie er die Welt sah: Das waren stets Bestseller – klar und lebendig formuliert, von Sachkenntnis, unbändiger Neugier und mitunter von Abenteuerlust gekennzeichnet.

Ein Weckruf aus Sorge. Immer wieder zog es ihn in die USA. Dass ihm das Land ans Herz gewachsen ist, dass er jeden Wahlkampf seit der Kennedy-Ära meist hautnah beobachtet hat, dass er Akteure wie Nixon, Kissinger oder Reagan begleitet hat, das skizziert Hugo Portisch im nostalgisch gefärbten Vorwort seines Buchs „Leben mit Trump. Ein Weckruf.“ Der Titel des schmalen Bands ist programmatisch.

Dass Portisch seit der Wahl Donald Trumps die Sorge umtreibt vor einer neuen Weltunordnung, einer Wiederkehr des Nationalismus und einem Zerfall Europas, daraus machte der Doyen der österreichischen Publizistik in Interviews und privaten Gesprächen zuletzt kein Hehl. Und so gab er schließlich dem Drängen seines Verlegers nach, seine Sicht auf die taufrische Präsidentschaft und die immanenten Gefahren in einem Essay zu beleuchten.

Für ihn trifft das „Spiegel“-Cover mit Trump als Asteroid und die überspitzte Schlagzeile „Das Ende der Welt – wie wir sie kennen“ den Punkt. „Noch nie waren die Absichten eines US-Präsidenten so undurchsichtig“, resümiert er. Dessen Inaugurationsrede unter dem Motto „America First“ hat Portisch irritiert. Die Zusammensetzung des Trump-Teams lasse „zum Teil schon Bedenkliches erahnen“ – in der Außen-, Umwelt- und der Wirtschaftspolitik, die in einen globalen Handelskrieg und womöglich in eine militärische Konfrontation mit China münden könnte.

Zum Alarmismus neigte Portisch selten. Sein Markenzeichen war die Analyse des Welterklärers, der die Zusammenhänge im Blick hat. Im „Weckruf“ ist dies zwar nicht anders, doch es ist mit dem Herzblut eines wachen Geists geschrieben, der in den 1930er-Jahren groß geworden ist. In seiner Tour d'Horizon geht es ihm um die großen Linien. Angesichts des Szenarios einer Aufteilung der Welt zwischen Donald Trump und Wladimir Putin über die Köpfe der Europäer hinweg müsse die EU unter der Führung Deutschlands rasch ein Gegenkonzept entwickeln – nicht zuletzt sicherheitspolitisch, wie der Syrien-Krieg vorexerziert hat.

Es ist eine hellsichtige Analyse, ein aufrüttelndes Plädoyer als Geschenk für sich selbst und vor allem Generationen von Portisch-Fans zum 90er.

Im Fernsehen

Sonntag: „Menschen & Mächte: Hugo Portisch. Der Erklärer“, 17:05 Uhr, ORF2.

Kommende Woche zeigt ORF III die Trilogie nach Portischs Biografie „Aufregend war es immer“. Fr, 17. 2., Sa, 18. 2. und So, 19. 2., jeweils um 20.15 Uhr, ORF III.

Das neue Buch von Hugo Portisch heißt „Leben mit Trump - Ein Weckruf“ (Ecowin, 78 Seiten)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2017)

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