Thomas Stelzer: „Konservativ wie Franz Josef Strauß“

Thomas Stelzer übernimmt ab 6. April.
Thomas Stelzer übernimmt ab 6. April.(c) Werner Dedl
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Oberösterreichs nächster Landeshauptmann, Thomas Stelzer (ÖVP), will zwar kein Landesfürst, aber Landesvater werden. Er hätte gern mehr Steuerautonomie und die Verantwortung über die Lehrer. Vom Begriff Multikulti hält er wenig.

Mit Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) tritt der letzte schwarze Landesfürst ab. Was werden Sie dann sein? Ein Landes-CEO? Ein Verwalter?

Thomas Stelzer: Wir gehen in neue Zeiten, deshalb braucht es neue Lösungen und eine neue Form, wie man das angeht und umsetzt. Wie die Leute das benennen, soll ihnen überlassen sein.


Ein anderer Titel, den Pühringer trug, war „Landesvater“. Streben Sie diesen an?

Ja. Denn hinter der Bezeichnung steckt einiges. Es zeigt, dass man geerdet und ständig unter Leuten ist, dass man das Gespür hat, was ihnen wirklich wichtig ist und welche Wünsche sie haben.

Sie wirken zurückhaltend, wie jemand, der das Büro dem Bierzelt vorzieht.

(Lacht.) Da soll man sich nur nicht täuschen.


Wie erklären Sie sich diesen Eindruck dann?

Die oberösterreichische ÖVP hat immer auf den Spitzenmann zugeschnitten – und das war der Landesparteichef und Landeshauptmann. Alle anderen arbeiten ihm zu. Das war auch meine Rolle. Das wird wohl mitschwingen.

Neben Pühringer konnte niemand strahlen?

Ja, es ist auch die Aufgabe desjenigen, der an der Spitze steht, zu strahlen. So haben wir das unter Pühringer gehandhabt, und so ähnlich werden wir das im neuen Team auch machen.

Pühringer ist zur Landtagswahl 2015, wie er sagte, nur angetreten, weil er befürchtete, dass Sie es nicht auf Platz eins schaffen. Das klingt nicht gerade nach großem Vertrauen.

Wir haben uns das damals gemeinsam gut überlegt, und es war richtig so.


Wo würden Sie sich ideologisch einordnen?

Ich bin ein christlich-sozialer Mensch und Politiker. Ich setze stark auf Eigenverantwortung. Zugleich steht aber völlig außer Streit, dass dort, wo jemand Hilfe braucht, die Gemeinschaft stark genug sein muss, um zu helfen.

Sie werden als durchaus konservativ beschrieben. Freut Sie das?

Konservativ finde ich gut, wenn das im Sinne von Franz Josef Strauß (langjähriger CSU-Chef, Anm.) ist, der einmal gesagt hat, die Konservativen gehen an der Spitze des Wandels.

Fürchten Sie durch den Abgang von Pühringer und Niederösterreichs Landeschef Pröll einen Machtverlust der Länder in der ÖVP?

Nein. Ich will bundesweit auf jeden Fall ein deutliches Wort mitreden.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner ist Oberösterreicher. Dennoch gelten Sie als Kurz-Befürworter. Wer steht Ihnen näher?

Mitterlehner ist unser Parteichef und hat gezeigt, was er drauf hat, indem er dafür gesorgt hat, dass die Regierung wieder zu einem Arbeitsprogramm kommt. Wie wir uns bei einer Wahl aufstellen – wann immer die sein wird – werden wir gemeinsam entscheiden.

Stimmt es, dass Sie ein klarer Befürworter der schwarz-blauen Koalition waren?

Ja. Die FPÖ war die zweitstärkste Partei, und wir haben in den vergangenen Jahren schon gemerkt, dass wir in vielen Fragen ähnliche Zugänge haben.

Wäre das Ihre Lieblingsvariante im Bund?

Bei Koalitionen geht es auch um die handelnden Personen. In Oberösterreich können wir gut miteinander. Das kann im Bund ganz anders ausschauen.

Mitterlehner will die ÖVP von der FPÖ abgrenzen. In Oberösterreich kuschelt die ÖVP mit der FPÖ in einer Koalition. Was ist nun der richtige Kurs?

Die ÖVP haben ganz viele Wähler in Richtung FPÖ verlassen. Das hat damit zu tun, dass wir uns um Fragen, die die Leute bewegt haben, lange herumgedrückt haben. Nämlich bei der Integration und dem Zuzug von Ausländern. Da ist es sinnvoll, sich abzugrenzen.

In den Punkten hat die ÖVP keine Abgrenzung, sondern eine Annäherung vollzogen. In Oberösterreich hat man gemeinsam die Mindestsicherung für Asylberechtigte gekürzt, einen Wertekodex eingeführt und über eine Deutschpflicht am Pausenhof diskutiert. War das vor allem Symbolik?

Symbolik schwingt mit. Das will ich gar nicht wegreden. Sie ist wichtig, um nach außen zu zeigen: Wir helfen gern, aber wir stellen auch Bedingungen.

Ist das Wort Multikulti für Sie eigentlich ein positives oder ein negatives?

Ich würde es nicht verwenden. Wenn alle zu einer funktionierenden Gemeinschaft beitragen, sehe ich es positiv. Wenn der Begriff verwendet wird, um sich abzuspalten oder nebenher zu leben, dann beurteile ich es negativ.

Die Regierung hat sich nun auf ein Kopftuchverbot für Richterinnen, Staatsanwältinnen und Polizistinnen geeinigt. Sie prüfen in Oberösterreich auch ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Wird dieses kommen?

Ich bin froh, dass die Frage des Vollverschleierungsverbots so geregelt wurde. Das Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist noch in Prüfung. Ich kann es mir grundsätzlich vorstellen. Es ist im Sinne der Integration. Ich habe einen einfachen Zugang und sage: Es wird wohl einen Grund gehabt haben, dass die Türkei selber ganz lange im öffentlichen Bereich ein Kopftuchverbot gehabt hat. Die Grundwerte, zu denen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern gehört, müssen eingefordert werden. Es darf keine Symbole geben, die diese Gleichberechtigung in Frage stellen.

Das Kopftuch sehen Sie also als ein Zeichen der Unterdrückung und auch als ein Zeichen der Integrationsunwilligkeit?

Natürlich kann man das nicht generalisieren. Aber wir stellen im täglichen Kontakt mit Leuten fest, dass teils ganz bewusst eingefordert wird, dass das Kopftuch getragen wird, um sich von unserer Gesellschaft abzugrenzen.

Der steirische SPÖ-Chef will den Ländern die Gesetzgebungskompetenz entziehen. Könnten Sie sich vorstellen, Macht abzugeben?

Nein. Denn die Länder sind vor Ort mit den Leuten in Kontakt und können in vielen Fragen schneller, mit mehr Hausverstand und unkomplizierter agieren. Ich wäre aber für eine Neuordnung der Kompetenzen bereit. Es braucht klare Zuständigkeiten. Die eine Ebene kümmert sich komplett um das eine Thema, und die andere Ebene kümmert sich komplett um ein anderes Thema.

Welchen Bereich hätten Sie gern, was würden Sie gern komplett abgeben?

Bei der Verwaltung der Lehrer glaube ich nach wie vor, dass die Länder zielgerichteter, bedarfsgerechter und effizienter wären. Und wenn wir schon über einen Abtausch reden, dann stellt sich die Frage, ob es neun Jugendschutzgesetze und neun Baurechte braucht.

Hätten Sie gern mehr Steuerautonomie?

Ich kann mir das sehr gut vorstellen.

Das sehen manche ÖVP-Landeschefs anders.

Das ist ja durchaus legitim. Da geht es ja auch noch um Standortinteressen.

Das klingt nach einer Kampfansage an die anderen Bundesländer.

Ein gesunder Wettbewerb hat noch niemandem geschadet. Aber grundsätzlich sitzen unsere Mitbewerber nicht in St. Pölten oder Salzburg, die sitzen in Amerika und Europas Spitzenregionen.

Die Frauenagenden sollen an die neue ÖVP-Landesrätin gehen. Die SPÖ wehrt sich dagegen. Wie wird das Match ausgehen?

Als mit Birgit Gerstorfer (SPÖ) eine Frau in die Regierung kam, hat sie das Ressort von der ÖVP geliehen bekommen. Es war klar, dass sie es, wenn eine ÖVP-Frau kommt, zurückgeben muss.

Was halten Sie von einer Frauenquote im Parlament?

Ich bin kein Quotenfreund. Wenn eine Person nur deshalb gesucht wird, damit eine Prozentzahl erfüllt wird, halte ich das in der Politik, wo es um persönliche Kompetenzen geht, für komisch. ?

Steckbrief

Thomas Stelzer
ist in Linz geboren und lebt nun in Wolfern nahe Steyr. Der Jurist ist mit der Unternehmerin Bettina Stelzer-Wögerer verheiratet und hat mit ihr zwei Kinder. Der fast 50-Jährige ist Mitglied im Cartellverband und trägt in der Verbindung den Namen Wotan. Außerdem ist er bekennender Lask-Fan.

Politische Laufbahn
Stelzer galt schon lange als Kronprinz des oberösterreichischen Landeshauptmanns, Josef Pühringer (ÖVP). Am 6. April wird er das Amt nun übernehmen. Stelzer ist Berufspolitiker. Bereits mit 24 Jahren saß er im Linzer Gemeinderat. Danach war er u. a. Klubobmann und zuletzt Landeshauptmannstellvertreter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2017)

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