Ermittlungsverfahren zu Alijew-Tod bleibt eingestellt

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Auch ein ergänzendes Gutachten aus St. Gallen liefere "keine Anhaltspunkte für eine Fremdbeteiligung am Ableben", sagt die Staatsanwaltschaft. Der ehemalige kasachische Botschafter Alijew wurde vor zwei Jahren tot in seiner Wiener Gefängniszelle gefunden.

Das Ermittlungsverfahren um den Tod des ehemaligen kasachischen Botschafters Rachat Alijew bleibt eingestellt. Das teilte die Staatsanwaltschaft (StA) Wien am Dienstag mit. Das Ergänzungsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin St. Gallen liege vor, daraus hätten sich "weiterhin keine Anhaltspunkte für eine Fremdbeteiligung am Ableben von DDr. Rachat Alijew" ergeben, hieß es bei der StA.

"Die in einem Privatgutachten getroffene Schlussfolgerung, wonach DDr. Rachat Alijew durch fremde Hand getötet worden sei, kann nach ausführlicher Erörterung einschlägiger Fachliteratur aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht bestätigt werden", teilte die Anklagebehörde mit. Alijew - früher kasachischer Botschafter in Wien, gegen den in der Bundeshauptstadt Anklage wegen Doppelmordes an zwei kasachischen Bankern erhoben wurde - war am 24. Februar 2015 tot in seiner Zelle auf der Krankenstation der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgefunden worden. Die Justiz ging von Suizid aus, nachdem sowohl der Wiener Gerichtsmediziner Daniele Risser in seinem Obduktionsbefund als auch das mit der Gutachtens-Erstellung beauftragte Rechtsmedizinische Institut in St. Gallen keine Hinweise auf Fremdverschulden fanden.

Keinerlei Hinweise für Tötung durch Erdrosseln

Dass damit die Todesursache eindeutig geklärt war, zweifelte der bekannte Deutsche Gerichtsmediziner Bernd Brinkmann massiv an, den Alijews Rechtsvertreter Manfred und Klaus Ainedter beigezogen hatten. In einem 18-seitigen Privatgutachten kommt Brinkmann zum Schluss, dass kein Suizid vorliegt, sondern Alijew von fremder Hand getötet wurde.

Die Staatsanwaltschaft betonte nun aber, dass sich für eine Tötung durch Erdrosseln keinerlei Hinweise fanden. Brinkmann hatte dies aus punktförmigen Blutungen unterhalb der Strangmarke geschlossen. Dass sich Alijew mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt hatte, war für Brinkmann damit ausgeschlossen. Vielmehr soll Alijew laut Brinkmann mittels Kompression des Brustkorbs bei gleichzeitigem Verschluss von Mund und Nase ("Burking") zu Tode gebracht worden sein. Diese Flecken sind laut dem Ergänzungsgutachten der St. Gallener Rechtsmedizin jedoch Totenflecken, sagte die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, am Dienstag.

Brinkmann hatte außerdem ausgeführt, dass Stauungsblutungen oberhalb der Strangmarke bei einem Suizid in der beschriebenen Form mit Mullbinden nicht möglich gewesen seien. Der Schweizer Experte Roland Hausmann habe das anhand der einschlägigen Fachliteratur eindeutig widerlegt, betonte Bussek.

"Keine Änderungen in der Einschätzung"

Insgesamt umfasst das Ergänzungsgutachten 30 Seiten, in denen sich Hausmann mit jedem einzelnen von Brinkmann angeführten Punkten auseinandersetzt. Für diese Expertise wurde auch die Fotodokumentation vom Auffindungsort der Leiche und der Leichenöffnung eingearbeitet, die Hausmann beim ursprünglichen Gutachten nicht zur Verfügung gestanden war, erläuterte die Sprecherin der Anklagebehörde.

Bussek sagte, dass sich auch für eine körperliche Auseinandersetzung oder eine sonstige gewaltsame Einwirkung vor dem Tod keine Anhaltspunkte ergeben hätten. Zusammenfassend sei der Sachverständige zur Schlussfolgerung gelangt, dass sich "sämtliche Befunde widerspruchsfrei einem suizidalen Erhängen zuordnen lassen und sich somit im Vergleich zum Vorgutachten keine Änderungen in der Einschätzung einer Fremdbeteiligung am Tod des Genannten" ergeben.

(APA)

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