Gegen Atib, den größten türkischen Verband Österreichs, wurden Spitzelvorwürfe laut. Spurensuche bei einem Verein, der direkt der türkischen Religionsbehörde Diyanet untersteht.
Am Ende landet man regelmäßig bei Atib. Wenn es um Türkeistämmige in Österreich geht, fällt irgendwann die Kurzbezeichnung der Türkisch-Islamischen Union in Österreich. Bei umstrittenen Bauvorhaben von Moscheen, bei Fragen der Integration und immer wieder beim Thema, wie weit der Einfluss der türkischen Regierung auf die türkische Community reicht. Wesentliche Punkte des im Vorjahr in Kraft getretenen Islamgesetzes sind quasi auf Atib zugeschnitten – etwa das Verbot der Auslandsfinanzierung von Imamen in österreichischen Moscheen.
Das jüngste Kapitel eröffnete der grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz mit dem Vorwurf, dass Atib mutmaßliche Oppositionelle bespitzle und Informationen über sie an die türkischen Behörden weitergebe. Vor allem im Visier stünden Anhänger der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, Erzfeind von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Die Anzeige von Pilz ist nun ein Versuch, das greifbar zu machen, was ohnehin schon lang kolportiert wird – dass Atib Erdoğans verlängerter Arm in Österreich ist.
Tatsächlich hat der Verein eine Konstruktion, über die der türkische Staat einen gewissen Einfluss in Österreich geltend machen kann. Immerhin untersteht Atib der türkischen Religionsbehörde Diyanet. Und der Atib-Vorsitzende ist immer auch der Religionsattaché in der Botschaft. Nähe liegt also auf der Hand, über die Intensität und die Stoßrichtung lässt sich diskutieren. Wenig überraschend bestreiten Vertreter des Vereins und der Religionsbehörde regelmäßig jeglichen politischen Einfluss aus Ankara.