Anti-IS-Offensive auf West-Mossul begonnen

Zwei Dörfer wurden von den irakischen Streitkräften bereits eingenommen. Indes sitzen 350.000 Kinder im Westen der Stadt fest.

Der Irak hat nach eigenen Angaben mit der entscheidenden Schlacht zur Vertreibung der radikalislamischen IS-Miliz aus dem Westteil der Großstadt Mossul (Mosul) begonnen. Ministerpräsident Haider al-Abadi verkündete am Sonntag den offiziellen Start der Bodenoffensive auf die letzte irakische Hochburg der Islamisten. Erstes Ziel der von Süden vorrückenden Soldaten war der Flughafen der Stadt, wie das Militär mitteilte.

Nach der Rückeroberung des Ostteils von Mossul im vergangenen Monat werden die IS-Kämpfer in den westlich des Tigris gelegenen Stadtvierteln zusammen mit geschätzten 750.000 Zivilisten belagert. Die Vereinten Nationen warnten bereits im Vorfeld vor Massenvertreibungen und dramatischen Folgen für die Einwohner.

Nahender Sieg über den IS

Bei einer vollständigen Eroberung Mossuls wäre der IS im Irak als Territorialmacht weitgehend besiegt - seit Ende 2015 waren bereits die Städte Ramadi und Falluja aus den Händen der Jihadisten zurückerobert worden. Die Gefechte in der ehemaligen Millionenstadt werden voraussichtlich aber noch Wochen bis Monate andauern.

In den ersten Stunden der Offensive nahm das Militär nach eigenen Angaben bereits mehrere Dörfer ein und tötete Heckenschützen. Die Luftwaffe hatte über West-Mossul Flugblätter abgeworfen, um die Einwohner vor dem bevorstehenden Kampf zu warnen, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Darin wurden die Bewohner zur Kooperation aufgerufen, um die Zahl der Verluste klein zu halten. In anderen Flugblättern wurde der IS zur Kapitulation aufgefordert.

Al-Abadi appellierte zugleich an seine Streitkräfte, während der Schlacht um Mossul die Menschenrechte zu respektieren. Die UN-Koordinatorin für den Irak, Lise Grande, warnte am Samstag davor, dass jeder zweite Bewohner im Westen der Stadt im Zuge des Angriffs aus seinem Haus fliehen könnte. Schon im Vorfeld des Kampfes sei die Lebensmittel- und Wasserversorgung knapp. Hilfsorganisationen und die Regierung bereiteten bereits südlich der Stadt Notfall-Lager vor. Mit Unterstützung der Anti-IS-Allianz begann die irakische Armee bereits im Oktober ihre Offensive auf Mossul.

350.000 Kinder sitzen im Westteil der Stadt fest

Zu Beginn der neuen Offensive saßen nach Angaben von Save The Children noch etwa 350.000 Kinder im Westteil der Stadt fest. Die Menschenrechtsorganisation mit Sitz in London forderte die irakischen Streitkräfte am Sonntag auf, so schnell wie möglich geschützte Fluchtkorridore für Zivilisten einzurichten. Die Armee und ihrer Verbündeten müssten alles dafür, "um Kinder und Familien zu schützen", sagte der Irak-Direktor von Save The Children, Maurizio Crivallero. Es müsse auch verhindert werden, dass Schulen oder Krankenhäuser in die Schusslinie geraten. Für die meisten Familien sei eine Flucht aus dem vom IS kontrollierten Westteil Mossuls zu gefährlich, sagte Crivallero.

Kommandanten rechnen damit, dass die Eroberung von West-Mossul deutlich schwieriger wird als die Vertreibung der IS-Miliz aus dem Osten der Stadt. Die engen Gassen in der Altstadt sind für Panzerfahrzeuge unpassierbar. Zugleich haben sich die IS-Kämpfer Berichten von Bewohnern zufolge ein Netzwerk von Durchgängen und Tunneln geschaffen, um schnell untertauchen zu können. Der Befehlshaber der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition, General Stephen Townsend, warnte vor einem Kampf "der für jede Armee der Welt hart wäre".

In West-Mossul liegen die Altstadt, der alte Markt sowie die meisten Regierungsgebäude. Der IS hatte Mossul 2014 in einem blitzartigen Vorstoß besetzt. Von der Großen Moschee aus rief IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi ein Kalifat aus, das bis nach Syrien reicht. De facto ist Mossul die Hauptstadt der sunnitischen Extremisten im Irak, in Syrien ist es Raqqa.

(APA/AFP/Reuters)

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