Uno-City, Eurofighter, Hypo: Österreichs U-Ausschüsse
21 Untersuchungsausschüsse hat es in der Zweiten Republik bereits gegeben - manche wurden abgedreht, andere brachten neue Gesetze hervor. Ein Rückblick.

Die Entscheidung ist gefallen: Österreich stehen zwei neue parlamentarische Untersuchungsausschüsse bevor - einer zur Causa BVT (die Opposition prangert Ungereimtheiten rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung an), einer (der mittlerweile dritte) zu den Eurofightern. Es sind die U-Ausschüsse Nummer 22 und 23 in der Zweiten Republik. Der bisher letzte U-Ausschuss war jener (der zweite) zur Eurofighter-Affäre. Er musste wegen der vorgezogenen Neuwahl vorzeitig beendet werden und wird wohl demnächst fortgesetzt.
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Damit gab es bisher (nach Themen geordnet) 21 U-Ausschüsse. Zwei davon (jener zur UNO-City 1971 sowie jener zu den Flugzeugankäufen der Bundesheeres 1971) konnten wegen der vorzeitigen Auflösung des Nationalrates ihre Arbeit nicht beenden und wurden in der darauffolgenden Gesetzgebungsperiode neuerlich eingesetzt. Daher gibt es (laut Geschäftsordnung des Nationalrates) auch eine andere Zählweise, die bisher 23 U-Ausschüsse auflistet. Ein Rückblick.
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Im bislang letzten Untersuchungsausschuss befassten sich die Parlamentarier mit der Hypo-Alpe-Adria. Anfang 2015 wurde er mit den Stimmen von FPÖ, Grünen und Neos gestartet. Nach der Befragung von 124 Zeugen in 77 Sitzungen mit knapp 700 Stunden endete das Untersuchungsgremium am 12. Oktober 2016. Im Verlauf des U-Ausschusses wurden unter anderem die ehemaligen Finanzminister Karl Heinz Grasser und Josef Pröll sowie die Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer befragt. Summa summarum wurden 124 Auskunftspersonen 142 Mal befragt - manche Zeugen mussten zwei Mal kommen, einer sogar drei Mal.
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Im Jänner 2011 stand das Thema Korruption auf der U-Ausschuss-Agenda und brachte in der Folge das Transparenzgesetz hervor. Das Ausschussende kam dennoch verfrüht: Ursprünglich standen die Affäre um die Telekom Austria Group, die Buwog-Privatisierung, der Blaulichtfunk, Inserate-Schaltungen durch Ministerien, die Lockerung des Glücksspielmonopols sowie umstrittene Staatsbürgerschaftsverleihungen am Programm. Doch SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ einerseits sowie die grüne Ausschussvorsitzende Gabriela Moser andererseits verstrickten sich in einen Formalstreit um die Zulässigkeit von Anträgen, der darin gipfelte, dass Moser den Vorsitz zurücklegte. Die Wogen wurden notdürftig geglättet, der Ausschuss fortgesetzt - bis ein rot-schwarzer Fristsetzungsantrag am 16. Oktober 2012 das endgültige Aus besiegelte.
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Völlig überraschend eingesetzt wurde kurz vor der Sommerpause des Parlaments in Jahr 2009 ein U-Ausschuss zu diversen Spitzel- und Spionagevorwürfen. Unmittelbarer Anlass waren vom Parlament nicht genehmigte Ermittlungen der Justiz gegen den BZÖ-Abgeordneten Peter Westenthaler (Bild) sowie der Vorwurf der FPÖ, von den Grünen bespitzelt worden zu sein. Bekannt wurde auch, dass die Justiz eine Anzeige gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) bis zur Verjährung "übersehen" hatte. Von SPÖ und ÖVP wurde der Ausschuss nach nur fünf Monaten mittels Fristsetzung beendet, mehrere Affären (wie die im Eiltempo verfügte Einbürgerung des kasachischen Botschafters Rakhat Alijew) blieben ungeklärt.
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2008 wurde ein Ausschuss zur Klärung der Machtmissbrauchs-Vorwürfe gegen den ehemaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser (Bild) eingesetzt. Er endete ohne alle Zeugen befragt und alle Themen abgehandelt zu haben. Die Untersuchung ging im Wahlkampf für die von der ÖVP ausgerufene vorgezogene Neuwahl im Herbst 2008 unter und wurde mittels Fristsetzungsantrag (gegen die Stimmen der Grünen) beendet. Lediglich ein technischer Endbericht wurde erstellt. Inhaltliche Schlussfolgerungen legte jede Fraktion gesondert vor.
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Der erste Eurofighter-Ausschuss (30. Oktober 2006 bis 5. Juli 2007) ging dagegen regulär zu Ende. Untersucht wurden die Umstände der politischen Entscheidung für den Eurofighter, das Zustandekommen des Kaufvertrags der Abfangjäger, die Gegebenheiten der Gegengeschäfte und die Möglichkeiten zum Ausstieg aus dem Geschäft. Den Abschluss bildeten ein technischer Mehrheitsbericht sowie inhaltliche Minderheitsberichte von Rot, Schwarz und Grün-Blau. Von 29. März bis 20. September 2017 fand der zweite U-Ausschuss zu den Abfangjägern statt - und wurde wegen der vorgezogenen Neuwahl vorzeitig beendet.
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Nach ihrem Wahlsieg im Herbst 2006 einigte sich die SPÖ mit den Grünen und der FPÖ über einen U-Ausschuss zu diversen Bankenaffären. Sie sollten eine Abrechnung mit der schwarz-blau-orangen Koalition bringen und die ÖVP in eine Koalition mit der SPÖ zwingen. Dem Bankenausschuss setzte die Koalition allerdings mittels Fristsetzung ein Ende, ohne alle vorgesehenen Zeugen zum Verdacht der Parteienfinanzierung, der Involvierung von Politikern in die Causa Hypo Alpe Adria oder zu Geldwäschevorwürfen befragt zu haben. (Bild: Der ehemalige Finanzminister Rudolf Edlinger am Weg zum Bankenausschuss am 27. November 2006)
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2000 wurde der "Euroteam"-U-Ausschuss einberufen. Die neu angetretene schwarz-blaue Koalition erhoffte sich davon eine Abrechnung mit der Vergabepraxis des langjährig von der SPÖ geführten Sozialministeriums, doch nach 19 Sitzungen in zwei Jahren musste aufgegeben werden - ohne gröbere Skandale aufgedeckt zu haben. Wegen der vorzeitigen Neuwahl am 24. November 2002 gab es nicht einmal mehr einen Abschlussbericht. Worum ging es? Der Gründer des "Euroteam"-Netzwerks aus SPÖ-Nachwuchspolitikern und Ministersekretären, soll die Republik und die EU um 2,3 Millionen Euro betrogen haben. Die Causa reichte zurück ins Jahr 1997, als Kanzler Viktor Klima (SPÖ) das Fehlen von 6000 Lehrstellen feststellte. Klima kündigte eine "Lehrlingsinitiative" an. Mit der Durchführung beauftragte sein Büro (ohne Ausschreibung) "Euroteam". Die gerichtliche Aufarbeitung der Affäre endete 2008 mit Freisprüchen.
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Hatten sich die U-Ausschüsse der jüngeren Vergangenheit mit mehr oder weniger langen Pausen dazwischen abgelöst, so ging es in den 70er- und 80er-Jahren deutlich gedrängter zu: Innerhalb von 14 Jahren fanden sieben Untersuchungen statt: Zuerst ein Ausschuss zu den "Telefonabhörungen" (1976/77), danach zu den "Waffenexporten" (1977), zum "AKH" (1980/81), der "Wohnbaugenossenschaft" (WBO) (1982/83), dem Fall "Lucona" rund um den so genannten Massengutfrachter, der im Zuge des versuchten Versicherungsbetrugs versenkt wurde, wodurch sechs Besatzungsmitglieder starben (1988/89), zum "Noricum-Skandal" rund um Waffenlieferungen (1989/90) sowie zum "Milchwirtschaftsfonds" (1989/90). (Bild: Udo Proksch - Stichwort: Lucona - am Weg ins Gericht am 7. März 1991)
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Der erste parlamentarische U-Ausschuss nahm übrigens am 1. Dezember 1949 seine Arbeit auf und dauerte bis in den April 1952. Thema waren die sogenannten ERP-Hilfen (European Recovery Program), konkret die Abwicklung der Marshallplan-Hilfe durch CA, Länderbank und Wirtschaftskammer. Von Juni 1966 bis April 1968 folgte ein Ausschuss über den "Autobahn- und Straßenbau", im Dezember 1968 wurde die "Spionageaffäre im Innenressort" untersucht. Werden die Ausschüsse zur Uno-City (Bild) und zu den Flugzeugeinkäufen ausgeklammert, ließ der nächste U-Ausschuss bis in den Mai 1972 auf sich warten: damals wurde (bis Juni 1975) das "Konferenzzentrum" geprüft.
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