Wahl in Ecuador als Entscheidung über das Schicksal Assanges

Präsident Rafael Correa liebkost seinen Wunschnachfolger, Lenín Moreno.
Präsident Rafael Correa liebkost seinen Wunschnachfolger, Lenín Moreno. (c) REUTERS (MARIANA BAZO)
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Vom Ausgang der Präsidentenwahl in dem lateinamerikanischen Land hing ab, ob dem WikiLeaks-Gründer, Julian Assange, weiterhin Zuflucht in der ecuadorianischen Botschaft in London gewährt wird.

Buenos Aires. In der Wohnung 3B des Gebäudes an der Hans Crescent 3 geht selten das Licht aus. Denn der permanente Bewohner der Büroräume in Londons Nobelviertel Knightsbridge ist gewöhnlich bis zum frühen Morgen online. Doch selbst für den schlaflosen Julian Assange geriet die Nacht zum Montag außergewöhnlich lang. Denn die Auszählung der Stimmen bei der Präsidentenwahl in Ecuador, die auch eine Vorentscheidung über die Fortsetzung seines Asyls in der ecuadorianischen Botschaft bringen konnte, zog sich hinaus.

Assange musste hoffen, dass die Regierung der 16-Millionen-Einwohner-Republik weiter von der Alianza País geführt wird, deren Gründer, Rafael Correa, nach zehn Amtsjahren nicht mehr kandidieren durfte und darum seinen Vizepräsidenten, Lenín Moreno, ins Rennen schickte.

„Revolution hält niemand auf“

Moreno wurde nach ersten Exit Polls, die ihm fast 43 Prozent zuschrieben, zunächst auch zum Sieger ausgerufen. Laut Wahlgesetz des Landes, das eine Hürde von 40 Prozent festsetzt, wäre er damit automatisch zum Präsidenten ernannt worden. Moreno ließ sich denn auch vorschnell als Sieger feiern. „Diese Revolution wird niemand aufhalten!“, rief der Kandidat, der voriges Jahr seinen Posten als UN-Beauftragter für Behinderte geräumt hatte, um trotz seiner Querschnittslähmung für die Alianza País zu kandidieren.

Doch während Moreno seinen vermeintlichen Triumph auskostete, trat der konservative Kandidat Guillermo Lasso vor die Mikrofone und verkündete, er werde gegen Moreno in die Stichwahl am 2. April einziehen. Sollte Lasso sich tatsächlich für die Stichwahl qualifizieren, kann er sich gute Chancen ausrechnen. Schon am Wahlabend sicherten ihm vier der sechs weiteren Kandidaten ihre Unterstützung zu. Lasso hatte angekündigt, er werde als Präsident den WikiLeaks-Gründer Assange auffordern, die Botschaft binnen 30 Tagen zu verlassen.

Wahlleiter machte es spannend

Während beide Lager feierten, versuchte die Wahlbehörde, die Euphorie zu dämpfen. Ihr Chef, Juan Pablo Pozo, mahnte: „Wahlen werden nicht mit Spekulationen gewonnen.“ Allerdings spannte der Wahlleiter das Volk auf die Folter, denn auch mehr als 20 Stunden nach Schließung der Wahllokale war noch nicht klar, ob Moreno 40 Prozent erreicht hatte. Nach einer Auszählung von rund 90 Prozent der Stimmen hielt Moreno bei 39,1 Prozent. Die entscheidenden zwölf Prozent der Stimmen kamen aus entlegenen Gegenden, etwa der Küstenprovinz Manabí, die vorigen April von einem Erdbeben schwer verwüstet wurde. Hier hat die Regierung Vorteile.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2017)

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