Deutsche Bausparkassen dürfen Verträge nach zehn Jahren kündigen

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Damit machte das Gericht die Hoffnung von hunderttausenden Bausparern auf weiter hohe Zinsen durch ihre Altverträge zunichte.

Deutsche Bausparkassen dürfen Bausparverträge kündigen, wenn Kunden die Darlehen auch zehn Jahre nach Zuteilungsreife noch nicht abgerufen haben. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag im Fall der Bausparkasse Wüstenrot grundsätzlich. Damit machte das Gericht die Hoffnung von hunderttausenden Bausparern auf weiter hohe Zinsen durch ihre Altverträge zunichte. Bausparkassen haben laut Berichten bereits über 260.000 Altverträge gekündigt. (Az. XI ZR 272/16 u. XI ZR 185/16)

Unumstritten war bis jetzt, dass Bausparkassen Verträge kündigen dürfen, die vom Kunden voll bespart wurden - und der Kunde deshalb gar kein Darlehen mehr braucht. Die neueren Kündigungen zielen dagegen auf Bausparverträge, bei denen Kunden die gesamte Bausparsumme zwar noch nicht einbezahlt haben, die aber seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind.

Frist läuft mit Zuteilungsreife

Im Streit um solche Kündigungen sind beim BGH mittlerweile über hundert Verfahren anhängig. In einem der beiden aktuellen Fälle hatte ein Ehepaar 1999 bei Wüstenrot zwei Bausparverträge über umgerechnet rund 100.000 Euro abgeschlossen und bekam für ihr angespartes Geld Zinsen in Höhe von 4,5 Prozent. Die Verträge wurden 2001 zuteilungsreif, die gesamte Bausparsumme war aber bis 2015 noch nicht erreicht.

Gleichwohl kündigte Wüstenrot diese Verträge und einen weiteren im zweiten Fall über rund 16.000 Euro. Das Unternehmen begründete dies mit einem Gesetz, wonach ein Darlehensnehmer - in diesem Fall also die Bausparkasse - einen Vertrag zehn Jahre nach Erhalt des Darlehens grundsätzlich kündigen kann, einerlei was zuvor vereinbart wurde. Der BGH bestätigte diese Rechtsauffassung. Er entschied nun, dass mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags die Zehn-Jahres-Frist zu laufen beginnt, nach der die Bausparkasse solch einen Vertrag kündigen kann.

Wüstenrot-Rechtsvertreter Rainer Hall zufolge machen die Bausparkassen wegen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und den günstigen Krediten der Banken mit ihren deutschlandweit rund 30 Millionen Bausparverträgen hohe Verluste. Im Durchschnitt bekämen Bausparer derzeit rund zwei Prozent Zinsen, während die zu vorsichtigem Wirtschaften verpflichteten Bausparkassen mit dem Angesparten ihrer Kunden aber nur eine Rendite von durchschnittlich einem Prozent erzielten. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn die Bausparkassen Altverträge kündigten, die bereits über zehn Jahre zuteilungsreif seien und den Kunden offensichtlich nur zur Mitnahme hoher Zinserträge dienten.

Zinssenkung in Österreich nicht zulässig

In Österreich hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) die Zinssenkung bei Alt-Bausparkunden, die mehr als vertraglich vereinbart angespart hatten, als ungerechtfertigt verurteilt. In der Folge begann Wüstenrot, diesen Altkunden zu kündigen. Ob das rechtens ist, ist nicht geklärt.

(APA/AFP)

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